Bahnhofsvorplatz
Hammer betrat den Bahnhofsvorplatz, fröhlich schien die Spätaprilsonne. Zunächst aber ging er zurück in das Innere des leeren Gebäudes und wanderte treppauf und treppab eine geraume Zeit darin herum, bis er das Pissoir gefunden hatte. Beim Händewaschen betrachtete er die Graffiti neben dem Spiegel, Il cacciatore stand da, rechts daneben Berlinguer ti amo, darunter Merda, links, besonders rätselhaft, MOSCH. Zirka eine halbe Stunde ist er dann auf dem Bahnhofsvorplatz gesessen und hat einen Espresso und ein Wasser getrunken. Es war schön sitzen im Schatten und ruhig in der Mittagszeit. Das Mädchen im Zug war von vollendeter Schönheit gewesen, una dolce madonna bionda. Besonders hatte er den tiefen Ernst bewundert, mit dem sie die Blätter des Buches umwendete, in dem sie las. Er würde heute nicht nach Mailand weiterreisen. Auf dem Platz dösten ein paar Taxifahrer in ihren Taxis und hörten Radio. In dem Wagen vorn in der Reihe saß eine schwarzhaarige Fahrerin, die ihn in einer Viertelstunde in die Oberstadt brachte und vor der Goldenen Taube, nein, dem Goldenen Lamm, Agnello d’Oro, absetzte. Dem Hotel vorgelagert war ein Brunnen, Wasser von sich plätschernd. Die imposante Empfangschefin saß klafterbreit in der Rezeptionsabteilung, inmitten eines Flurs, der Hammer auf den ersten Blick äußerst rötlich und recht überladen dünkte. Schon war er einquartiert, Zimmer Nr. 23, Fahrstuhl bis zum vierten Stock. Hammer sah aus dem Fenster. Unter dem Kammerfenster stand ein kleiner brauner Schreibtisch, er legte ein Paar Bücher aus dem Koffer drauf und Schreibgerät. Bald verließ er das Hotel wieder und eilte gassenaufwärts. Schon war der Stadtplatz erreicht. Hammer trat etwas zur Seite, um einen eigensinnig schnurgerade vorwärts strebenden Schäferhund ohne Komplikationen passieren zu lassen. Unversehens aber kehrte der Hund um und begann ihm zu folgen. Blieb er stehen, um ein wenig auf die Unterstadt herabzusehen, so hielt auch der Hund ein und schaute versonnen hinab. Ging er weiter, machte sich auch der Hund wieder auf den Weg. Als Hammer aber eine breitere Straße überquerte, blieb der Hund an der Bordsteinkante zurück, und als Hammer sich mitten auf dem Corso nach ihm umwandte, wäre er um ein Haar überfahren worden. Hammer ist nicht der geringste unter den bedeutenden Italienreisenden, an Goethe reicht er naturgemäß nicht heran.
Hammer betrat den Bahnhofsvorplatz, fröhlich schien die Spätaprilsonne. Zunächst aber ging er zurück in das Innere des leeren Gebäudes und wanderte treppauf und treppab eine geraume Zeit darin herum, bis er das Pissoir gefunden hatte. Beim Händewaschen betrachtete er die Graffiti neben dem Spiegel, Il cacciatore stand da, rechts daneben Berlinguer ti amo, darunter Merda, links, besonders rätselhaft, MOSCH. Zirka eine halbe Stunde ist er dann auf dem Bahnhofsvorplatz gesessen und hat einen Espresso und ein Wasser getrunken. Es war schön sitzen im Schatten und ruhig in der Mittagszeit. Das Mädchen im Zug war von vollendeter Schönheit gewesen, una dolce madonna bionda. Besonders hatte er den tiefen Ernst bewundert, mit dem sie die Blätter des Buches umwendete, in dem sie las. Er würde heute nicht nach Mailand weiterreisen. Auf dem Platz dösten ein paar Taxifahrer in ihren Taxis und hörten Radio. In dem Wagen vorn in der Reihe saß eine schwarzhaarige Fahrerin, die ihn in einer Viertelstunde in die Oberstadt brachte und vor der Goldenen Taube, nein, dem Goldenen Lamm, Agnello d’Oro, absetzte. Dem Hotel vorgelagert war ein Brunnen, Wasser von sich plätschernd. Die imposante Empfangschefin saß klafterbreit in der Rezeptionsabteilung, inmitten eines Flurs, der Hammer auf den ersten Blick äußerst rötlich und recht überladen dünkte. Schon war er einquartiert, Zimmer Nr. 23, Fahrstuhl bis zum vierten Stock. Hammer sah aus dem Fenster. Unter dem Kammerfenster stand ein kleiner brauner Schreibtisch, er legte ein Paar Bücher aus dem Koffer drauf und Schreibgerät. Bald verließ er das Hotel wieder und eilte gassenaufwärts. Schon war der Stadtplatz erreicht. Hammer trat etwas zur Seite, um einen eigensinnig schnurgerade vorwärts strebenden Schäferhund ohne Komplikationen passieren zu lassen. Unversehens aber kehrte der Hund um und begann ihm zu folgen. Blieb er stehen, um ein wenig auf die Unterstadt herabzusehen, so hielt auch der Hund ein und schaute versonnen hinab. Ging er weiter, machte sich auch der Hund wieder auf den Weg. Als Hammer aber eine breitere Straße überquerte, blieb der Hund an der Bordsteinkante zurück, und als Hammer sich mitten auf dem Corso nach ihm umwandte, wäre er um ein Haar überfahren worden. Hammer ist nicht der geringste unter den bedeutenden Italienreisenden, an Goethe reicht er naturgemäß nicht heran.
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