und vom Wachsein


Jeden Morgen früh machte er sich auf und legte anscheinend end- und ziellose Wege zurück. Hatte er zuvor geschlafen? Falls überhaupt, dann nur wenig. Ein anderer ist ausgeschlafen und sieht das als großes Glück. Zehn Stunden hat er geschlafen, ohne ein einziges Mal aufzuwachen und ohne böse Träume. Wenn er nur wüßte, wem er dafür danken kann. Ein großes Glück erfüllt ihn. Einer Eidechse, die an einem Mauerwerk in der Sonne liegt, könnte es nicht besser gehen. Aber das ist sicher schwer, jeden Tag so lange und ruhig zu schlafen und dann das Leben zu genießen. Er sitzt zum Beispiel in einem Café, schaut und blickt um sich
in die Runde, die einen lachen, die anderen nicht, die einen trinken
Kaffee, die anderen Tee. Dann ist er am Bahnhof, im Speisesaal, er rauche eine Zigarette und trinkt gewärmtes
Bier. Die jungen Burschen essen, das bleiche Mädchen aus
der Küche ist mit dem Essenwagen unterwegs und sammelt die schmutzigen
Teller ein. Die Burschen streiten sich, man weiß nicht warum. Er sieht und hört, hält Augen und Ohren auf, und wie aus dem Nichts: wo bist Du, mein Gott, er sieht Dich hier nicht. Er sitzt nun in einem Zug, kommt zurück aus den Bergen, hatte sich dort für
eine gewisse Zeit aufgehalten. Er sitzt für sich in einem Abteil. Am Fenster zwei Frauen, nicht
jung und nicht alt, die eine sagt, mehr zu sich selbst: Die Blätter
fallen schon, schauen Sie. Die andere: Es ist Herbst. Er schaut aus dem Fenster und sieht die Herbstfarben: eine großartige Rotfärbung, andere großartige Farben, und wo bist Du, Gott, wo bist Du? Die Abfahrt von der Höhe phantasiert er als Absturz, ein Liebespaar kommt ums Leben, als sei es wahrhaftig geschehen. Wo warst Du, mein Gott? Die Stunden nach dem glückhaften Schlaf sind längst vergessen. Er weint. Er geht die Straße entlang und weint. Die Tränen fließen ihm bis
zum Mund. Nur wenig zuvor war er so froh gewesen, ist gegangen,
fröhlich gesprungen. Jetzt aber weint er. Das Glück vom langen Schlaf hat sich verflüchtigt.
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