Beunruhigende Nähe
Le vin a plus fait pour rapprocher les hommes de Dieu que la théologie. Wie gewohnt begründet der Philosoph seine Feststellung nicht, noch untermauert er sie mit Beispielen. Auch im Prosawerk des Dichters wird man nicht recht fündig. In der Krummenbacher Kapelle ist der Erzähler gegenüber den mit ungelenker Hand gemalten Kreuzwegstationen ungewöhnlich nachsichtig, an der Kapelle betört ihn die in ihrem Inneren herrschende vollkommene Stille. Wenn diese Stimmung ein Zeichen der Nähe Gottes sein sollte, ist allerdings einzuräumen, daß der Wanderer erst nach dem Besuch der Kapelle beim Hirschwirt einen halben Liter Tiroler trinkt. Aber wer sagt, daß nicht bereits die Aussicht auf einen Becher Wein die Annäherung an das Göttliche bewirken kann. Der Wein ist das edelste Gewand des Alkohols, wohingegen dem Sekt, dem Champagner, der gern die Krone hätte, etwas unabschüttelbar Frivoles anhaftet. Aber wer wiederum sagt, daß der Alkohol nicht auch im volkstümlichen Bier seine gottgefällige Wirkung entfalten kann? Ein Dutzend Sandler hatten sich im Innsbrucker Bahnhof versammelt und eine Sandlerin. Sie bildeten eine bewegte Gruppe um einen Kasten Gösser-Bier, der wundersamerweise, gewissermaßen aus dem Nichts hervorgezaubert, auf einmal in ihrer Mitte stand. Verbunden untereinander durch die weit über die Landesgrenzen hinaus für ihren Extremismus bekannte Tiroler Trunksucht, verbreiteten sich diese teils kaum erst aus dem bürgerlichen Leben ausgeschiedenen, teils ganz und gar zerrütteten Tiroler Sandler, die durch die Bank einen Zug ins Philosophische, ja sogar ins Theologische hatten, über das Tagesgeschehen sowohl als über den Grund aller Dinge, wobei es regelmäßig gerade denjenigen, die besonders lauthals das Wort ergriffen, mitten im Satz die Rede verschlug oder aber sie winkten voller Verachtung ab, weil sie den Gedanken, den sie gerade noch im Kopf gehabt hatten, nicht mehr in Worte fassen konnten. Tief ins Theologische hinein, möchte man ergänzen und zugleich einem möglichen Mißverständnis vorbeugen: Wem verschlägt es nicht die Rede, wenn er die beunruhigende Nähe Gottes spürt, wer gerät in dieser prekären Lage nicht außer sich und ins Taumeln. Die Mystiker sind unsere Zeugen.
Le vin a plus fait pour rapprocher les hommes de Dieu que la théologie. Wie gewohnt begründet der Philosoph seine Feststellung nicht, noch untermauert er sie mit Beispielen. Auch im Prosawerk des Dichters wird man nicht recht fündig. In der Krummenbacher Kapelle ist der Erzähler gegenüber den mit ungelenker Hand gemalten Kreuzwegstationen ungewöhnlich nachsichtig, an der Kapelle betört ihn die in ihrem Inneren herrschende vollkommene Stille. Wenn diese Stimmung ein Zeichen der Nähe Gottes sein sollte, ist allerdings einzuräumen, daß der Wanderer erst nach dem Besuch der Kapelle beim Hirschwirt einen halben Liter Tiroler trinkt. Aber wer sagt, daß nicht bereits die Aussicht auf einen Becher Wein die Annäherung an das Göttliche bewirken kann. Der Wein ist das edelste Gewand des Alkohols, wohingegen dem Sekt, dem Champagner, der gern die Krone hätte, etwas unabschüttelbar Frivoles anhaftet. Aber wer wiederum sagt, daß der Alkohol nicht auch im volkstümlichen Bier seine gottgefällige Wirkung entfalten kann? Ein Dutzend Sandler hatten sich im Innsbrucker Bahnhof versammelt und eine Sandlerin. Sie bildeten eine bewegte Gruppe um einen Kasten Gösser-Bier, der wundersamerweise, gewissermaßen aus dem Nichts hervorgezaubert, auf einmal in ihrer Mitte stand. Verbunden untereinander durch die weit über die Landesgrenzen hinaus für ihren Extremismus bekannte Tiroler Trunksucht, verbreiteten sich diese teils kaum erst aus dem bürgerlichen Leben ausgeschiedenen, teils ganz und gar zerrütteten Tiroler Sandler, die durch die Bank einen Zug ins Philosophische, ja sogar ins Theologische hatten, über das Tagesgeschehen sowohl als über den Grund aller Dinge, wobei es regelmäßig gerade denjenigen, die besonders lauthals das Wort ergriffen, mitten im Satz die Rede verschlug oder aber sie winkten voller Verachtung ab, weil sie den Gedanken, den sie gerade noch im Kopf gehabt hatten, nicht mehr in Worte fassen konnten. Tief ins Theologische hinein, möchte man ergänzen und zugleich einem möglichen Mißverständnis vorbeugen: Wem verschlägt es nicht die Rede, wenn er die beunruhigende Nähe Gottes spürt, wer gerät in dieser prekären Lage nicht außer sich und ins Taumeln. Die Mystiker sind unsere Zeugen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen