Dienstag, 23. November 2021

Nur schon älter

Unverändert schön


Sie habe, so Mme. Landau, in ihrem nicht unbeträchtlichen Leben eine ziemliche Anzahl von Männer des näheren, wie sie mit einem spöttischen Gesichtsausdruck hervorhob, kennengelernt. Nicht nur wegen dieser Einlassung sehen wir Mme. Landau als Schönheit, oder, ausführlicher, mit den Worten des polnischen Dichters: Bardzo ladrą ma twarz, chociasz nie jest młoda, tylko starsza: Eine Frau mit einem sehr schönes Gesicht, obwohl sie nicht jung ist, nur schon älter. Der Satz klingt so, als würde das Altern die Schönheit nicht mindern, sondern eher steigern. In der Erzählung Płynięcie czasu (Vergehende Zeit), der dieser Satz entnommen ist, trifft ein junger, kaum zwanzig Jahre alten Mann, der ordnungswidrig in einem abgestellten Eisenbahnwaggon übernachtet, auf eine nicht ganz so junge, schöne Reinigungsfrau, die ihn weckt und mit ihm ihr Frühstück teilt. Bereyter hingegen ist älter als Mme. Landau. Verschiedenen Zeitangaben zufolge war er knapp sechzig, als er Mme. Landau kennenlernt, sie um einiges jünger, gegen Ende vierzig. Zwölf Jahre hat Bereyter dann in Yverdon, also in Mme. Landaus Nähe gelebt. Als der Erzähler nach Bereyters Freitod des längeren mit ihr spricht, ist sie wohl in den frühen Sechzigern, unverändert schön, schöner noch als je zuvor.


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