Sonntag, 5. Februar 2023

Deutschindianerin

The Writing


Bei seinen kurzen Aufenthalten in Amerika kommt es nicht zur Begegnung mit der sogenannten indigenen Bevölkerung, vulgo Indianer, und auch nicht zu einer literarische Begegnung mit der beeindruckenden Deutschindianerin Louise Erdrich, umso imponierender ist Erdrichs posthume Würdigung des deutschen Autors. Sie ist die Tochter eines deutschstämmigen Vaters und einer Mutter vom Stamm der Ojibwa oder, in der Eigenbezeichnung des Stamms, Anishinaabeg. Fast mehr noch als dem Schreiben ist Erdrich, wie sie sagt, dem Lesen verbunden, nie können genug Bücher um sie sein, für eine längere Reise durch das Ojibwa Territorium, von ihr erzählt und festgehalten unter dem Titel Books & Islands, hat sie vorsorglich umfänglich Lektüre mitgenommen, an erster Stelle und als erstes zu lesen das mit Austerlitz betitelte Buch des deutschen Autors. Bei der Übernachtung in einem Motel beginnt sie mit der Lektüre: I finish half a page, then read it over again, then read the next half of the page and then the entire page, twice. Not many books can be read with such intimacy, nor are many so beautiful composed that the writing alone brings comfort. Offenbar war die Leserin zunächst sprachlos. Erdrich zählt damit zur nicht allzu großen Gruppe der perfekten Sebaldleser, die das Writing hingerissen inhalieren und die Inhalte nachordnen, wenn nicht, wie in Sebalds Erstling, den Schwindel.Gefühlen, so weit wie möglich verschwinden lassen. Daß Erdrichs eigene Prosa mit ihren knappen und immer überraschenden, unerwarteten Sätzen, einen ganz anderen, man möchte sagen entgegengesetzten Klang hat, mindert nicht ihre Begeisterung.



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