Am Gardasee
Mme Gherardi, oft auch einfach nur Ghita genannt, in deren Begleitung Stendhal 1813 Oberitalien und insbesondere den Gardasee bereiste, war eine mysteriöse, um nicht zu sagen geisterhafte Gestalt. Es gibt Grund für die Vermutung, daß sie sich gleichsam aus verschiedenen Liebhaberinnen Stendhals wie Adèle Rebuffel, Angeline Bereyter und nicht zuletzt Métilde Dembowski zusammensetzte. Gegenüber den realen Frauen hatte sie den Vorteil einer größeren Umgänglichkeit, ohne daß der Romancier aber in dieser Hinsicht zu weit gegangen wäre. Ghita war ihm keineswegs in jeder Hinsicht gefügig. Immer dann etwa, wenn er sich mühte, sie zum Glauben an die Liebe zu überreden, gab sie ihm sei es etwas melancholische, sei es scharfzüngige Antworten. Naturgemäß war das eine Weise des Widerstands, die ihm nur recht sein konnte. Die wenigsten von uns sind freilich imstande, ein so fein gesponnenes Kunstgebilde zu ersinnen und mit ihm zu leben. In Riva machten die beiden die Bekanntschaft eines vom hinterlassenen Vermögen seines Vaters lebenden und offenbar schlichter gestrickten Villenbesitzers, der, ebenfalls der bekanntlich immer anstrengenden wirklichen Frauen überdrüssig, bereits seit mehr als zehn Jahren mit einer Schaufensterpuppe zusammenlebte. Als er deswegen vor längerer Zeit schon in einem an die in Desenzano herausgegebene Zeitung gerichteten Leserbrief als unzüchtig bezeichnet worden war, habe er, wie er erzählte, bei dem zuständigen Standesamt seine Verehelichung mit der Schaufensterpuppe beantragt, was aber abgelehnt worden sei. Auch die Kirche habe ihm seine Verheiratung mit der Schaufensterpuppe verweigert. Ghita, die der Erzählung aufmerksam gelauscht hatte, war noch Tage danach sehr nachdenklich gestimmt.
Mme Gherardi, oft auch einfach nur Ghita genannt, in deren Begleitung Stendhal 1813 Oberitalien und insbesondere den Gardasee bereiste, war eine mysteriöse, um nicht zu sagen geisterhafte Gestalt. Es gibt Grund für die Vermutung, daß sie sich gleichsam aus verschiedenen Liebhaberinnen Stendhals wie Adèle Rebuffel, Angeline Bereyter und nicht zuletzt Métilde Dembowski zusammensetzte. Gegenüber den realen Frauen hatte sie den Vorteil einer größeren Umgänglichkeit, ohne daß der Romancier aber in dieser Hinsicht zu weit gegangen wäre. Ghita war ihm keineswegs in jeder Hinsicht gefügig. Immer dann etwa, wenn er sich mühte, sie zum Glauben an die Liebe zu überreden, gab sie ihm sei es etwas melancholische, sei es scharfzüngige Antworten. Naturgemäß war das eine Weise des Widerstands, die ihm nur recht sein konnte. Die wenigsten von uns sind freilich imstande, ein so fein gesponnenes Kunstgebilde zu ersinnen und mit ihm zu leben. In Riva machten die beiden die Bekanntschaft eines vom hinterlassenen Vermögen seines Vaters lebenden und offenbar schlichter gestrickten Villenbesitzers, der, ebenfalls der bekanntlich immer anstrengenden wirklichen Frauen überdrüssig, bereits seit mehr als zehn Jahren mit einer Schaufensterpuppe zusammenlebte. Als er deswegen vor längerer Zeit schon in einem an die in Desenzano herausgegebene Zeitung gerichteten Leserbrief als unzüchtig bezeichnet worden war, habe er, wie er erzählte, bei dem zuständigen Standesamt seine Verehelichung mit der Schaufensterpuppe beantragt, was aber abgelehnt worden sei. Auch die Kirche habe ihm seine Verheiratung mit der Schaufensterpuppe verweigert. Ghita, die der Erzählung aufmerksam gelauscht hatte, war noch Tage danach sehr nachdenklich gestimmt.
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