Montag, 15. Mai 2023

Fête de la Gourmandise

Dichter und Denker  

Wittgenstein gibt zu Protokoll, ihm sei eigentlich egal was er esse, es müsse nur immer das gleiche sein. Das ist eine weiter nicht zu kommentierende klare und dem Gehalt nach wohl auch vorbildliche Einstellung. Der Dichter ist seinerseits in Italien auf der Suche nach einem ihm genehmen Restaurant, wie fast immer gelangt er aber in ein ihm unangenehmes Lokal, das er schnell wieder verläßt. Später, zurück in England, wird ihm eine tiefgefrorene Scholle serviert, beim Versuch sie zu verzehren, splittern die Zinken der Gabel, auch das ein Qualitätszeugnis besonderer Art. Wiederum später, beim gemeinsamen Essen im Wadi Halfa, führt Aurach ihn ein in die der Kunstwelt bekannte und ihr förderliche verborgene Lust beim Verzehr gründlich mißlungener Speisen, er läßt sich überzeugen. Der von Tolstoi den Lesern nahe gebrachte Lewin scheint alle Verächter exquisiter Speisen zu übertrumpfen, er weiß gar nicht was er überhaupt ißt. Von seinem Begleiter im Restaurant befragt, ob es ihm denn auch schmecke, muß er zunächst auf seinem inzwischen fast leeren Teller Ausschau halten, was hatte man ihm eigentlich vorgesetzt? Zu berücksichtigen ist allerdings, daß Lewin Liebesdinge in seinem Kopf bewegte und entsprechend abgelenkt war. Nach seiner Meinung befragt, würde Luhmann als Vertreter der Soziologie vermutlich sagen, Essen werde, wie auch Denken, überschätzt. Er hätte wohl recht, entsprechende Belege sind allerdings in seinem Zettelkasten nicht aufzufinden.   

 

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