Rauch und Qualm
Unter der Tür zu seinem Arbeitszimmer würde oft der Zigarettenrauch hervordringen, gesteht er in einem Interview, an Photos, die ihn mit einer Zigarette zeigen, fehlt es nicht, seine Prosa aber ist rauchfrei. Ausgenommen vom Rauchverbot ist nur Ernst Herbeck, der unbescholten sein die Zigarette rühmendes Gedicht vortragen darf: ist ein Monopol und muß/ geraucht werden. Auf Dassie/ in Flammen aufgeht. Ein Rauchverbot besteht im übrigen nicht, das Rauchen wird, abgesehen von Herbeck, nur verschwiegen. Als der Dichter allein mit den Dohlen in den Anlagen vor dem Rathaus saß, hätte eine Zigarette das Spektrum seiner Umgebung und seines Erlebens angenehm erweitert, und vielleicht hat er ja tatsächlich geraucht. Zahllose weiter Anlässe bieten sich an, etwa nach dem tiefgekühlten Fischgericht, an dem die Zinken der Gabel zerbrachen, die Zigarette wäre eine willkommene Erholung von dem Schock gewesen. Andere Autoren sind gegenüber dem Rauch weniger zurückhaltend. Das Verbrechen ist offenkundig, der Täter noch nicht erkannt und überführt, Philip Marlowe lehnt sich zurück in seinem Bürosessel und zündet eine Zigarette, bei zu erwartendem längeren Grübeln eher die Tabakpfeife, ohne Unterstützung durch den Rauch ließe sich die Lösung wohl nicht finden. Szerucki und Rozański reinigen in einem Kurort den Teich, dann und wann unterbrechen sie die Arbeit, immer verbunden mit einem Szenenwechsel. Zigaretten werden angezündet, zapalimy schlägt der eine vor, zapalimy bestätigt der andere, dann wird ohne Beziehung zur Arbeit dies und das durchdacht und besprochen. Szenenwechsel dieser Art passen wenig zum gleichmäßigen Rhythmus der Prosa des Dichters, vielleicht ein Grund, die Zigaretten und den Rauch literarisch außen vor zu lassen. Andere Länder, andere Sitten, wenn man sich an Mahmud Doulatabadi hält, scheinen Tabak und Zigarette literarische Protagonisten zu sein, einige wenige Beispiele aus einer Fülle möglicher Zitate: Rauch stieg von der Zigarette zwischen seinen Fingern auf. - Er lächele und zog an seiner Zigarette, die er zuvor angezündet hatte. - Ihr Zigarettenstummel, ihr Zigarettenstummel. - Eine Zigarette nach der anderen. - Die Schwärze hatte sich in schwarzen Rauch verwandelt. - Er sehnte sich nach einer Zigarette. - Zwischen seinen Fingern hielt er keine Zigarette mehr. - Er rauchte auch nach dem Frühstück seine Tabakpfeife. - Er suchte nach Feuerzeug und Zigaretten um fortzufahren. - Der Rest der Zigarette qualmte zwischen seinen Fingern. - Er klopfte die Asche aus seiner Pfeife und steckte sie in den Beutel. Hier, in Persien, scheint ein Leben ohne Zigarette nicht möglich zu sein, als eine Art heiliger Geist schwebt der Rauch über den Gestalten, aber nur, solange das Leben seinen üblichen Gang geht. Als die letzte Zigarette geraucht ist, bereits etwa dreißig Seiten vor Schluß des Buches, bleibt, so wird es erzählt, in der Geschichte vom Colonel, nur noch das nackte Grauen.
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