Hätte man nur diese Quelle und keine andere, könnte man meinen, er
würde den Aufenthalt zunächst in Wien, dann in Venedig und schließlich in
Verona womöglich nicht überleben. Er ist nach Wien gekommen, um durch die
Ortsveränderung über eine besonders ungute Zeit hinweg zu kommen, eine Art
Genesungsurlaub also. Bei seiner Abneigung gegenüber dem Ferienvolk, dem er
jetzt in gewisser Weise zugehört, kann das nur mißlingen. Vom frühen Morgen bis
zum späten Abend ist er auf end- und ziellosen Gassen unterwegs, findet in
seinem Hotel zur Nacht kaum Schlaf und bricht im Morgengrauen wieder auf wie
tags zuvor. Tagsüber hat er keine Gefährten, mit denen er sprechen könnte, die
von den endlosen Gängen zerfetzten Schuhe sind es, die ihm schließlich sein
Scheitern vor Augen halten, ein Aufbruch aus Wien ist unumgänglich. Zunächst
aber verabredet er sich mit Herbeck, das Wiedersehen mit ihm stabilisiert ihn
zusehends und auch der hart umkämpfte Cappuccino im Stehbuffet der Ferrovia wenig
später stärkt sein Selbstvertrauen sichtbar. Den letzten Schliff gewinnt er mit
einer scharfen Rasur beim Bahnhofsbarbier, eine weitere Festigung, so scheint
es, seiner wiedergewonnenen bürgerliche Existenz. Auch im Giardino Giusti in
Verona bestätigt sich das neu gewonnene Glück, was konnte besser sein als
dieser Mixtur menschlicher Abwesenheit und dem bescheidenem Antreffen
menschlicher Anwesenheit. Der Garten ist menschenleer, ein Paar türkischer
Tauben sorgt für die Belebung. Er verläßt den Garten nicht ohne eine wortlose
Erwiderung des zugenickten Abschiedsgrußes der Pförtnerin in ihrem dunklen
Gehäuse. Anders aber sieht es aus in der Arena, wieder glaubt er wie schon
zuvor die Blicke zweier junger Männer aus sich gerichtet, er packt in aller
Eile seine Sachen und flüchtet in aller Eile mit dem Nachtzug nach Innsbruck. Man hält am Brenner. Es steigt
niemand aus oder ein. Draußen auf dem Bahnsteig gehen die Grenzer auf und ab.
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