Arndorf an der Glan
Seine Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1939 wie auch seine Rückkehr nach Sonthofen bei Kriegsende, ebendort, wo man ihm zuvor die Tür gewiesen hatte, war eine Aberration, sagte Mme Landau. Was ihn 1939 und 1945 zur Rückkehr bewegte, wenn nicht gar zwang, das war die Tatsache, daß er von Grund auf ein Deutscher gewesen ist, gebunden an dieses heimatliche Voralpenland und an dieses elende Sonthofen, das er eigentlich haßte und in seinem Innersten mitsamt seinen ihm in tiefster Seele zuwideren Einwohnern am liebsten zerstört und zermahlen gesehen hätte. Bemerkenswerterweise habe er es auch in den letzten zwölf Jahren, in denen er in Yverdon in der Schweiz lebte, nicht über sich gebracht, die Wohnung in Sonthofen aufzugeben, sondern er ist, ganz im Gegenteil, mehrmals im Jahr nach Sonthofen gefahren, um, wie er sich ausdrückte, nach dem Rechten zu sehen. Wenn er von diesen meist nur zweitägigen Expeditionen zurückkam, befand er sich regelmäßig in der gedrücktesten Stimmung und zeigte sich reumütig darüber, daß er den dringenden Rat, nicht mehr nach Sonthofen zu fahren, zu seinem eigenen Schaden wieder einmal ausgeschlagen hatte. Der polnische Dichter hat die angesprochene Lage umfassend, sozusagen global auf die Formel gebracht, man könne es im einen Teil der Welt nicht aushalten und im anderen Teil könne man nicht leben. Die gleichsam entgegengesetzte Lage, in der jemand zwei Weltgegenden so sehr liebt, daß er auf keine der beiden verzichten kann, ist vielleicht weniger verbreitet aber ebenso virulent und vereinzelt ebenso zugrunderichtend. Berichtet wird etwa von einem Mann, der vor zwölf Jahren nach Australien ausgewandert und vor zwei Jahren wieder in seine steiermärkische Heimat zurückgekehrt war. Vor einem halben Jahr ist er wieder nach Australien ausgewandert, obwohl er weiß, daß er wieder in die Steiermark zurückkehren wird und sooft immer wieder nach Australien auswandern und wieder in die Steiermark zurückkehren wird, bis er entweder in Australien oder in der Steiermark Ruhe gefunden hat. In besonderem Maße verstörend ist der Fall eines Mannes, der in seinem Leben mindestens zwanzigmal aus Kärnten in die Steiermark ausgewandert und immer wieder nach Kärnten zurückgekehrt ist, bis er endlich in Kärnten seine Ruhe gefunden hat, in Arndorf bei Sankt Veit an der Glan, wo er sich in der alten Schmiede, die sein letztes Quartier gewesen ist, aus Heimweh nach der Steiermark an einem eisernen Haken erhängt hat. War das nötig, fragt man sich, hätte sich angesichts der geographischen Nähe nicht eine Lösung finden lassen, etwa ein Domizil für die Woche in der Steiermark und eins für das Wochenende in Kärnten oder umgekehrt. Oft muß man hilflos zusehen, wie ein Mensch ganz und gar ohne Sinn und Verstand in sein Unglück läuft.
Seine Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1939 wie auch seine Rückkehr nach Sonthofen bei Kriegsende, ebendort, wo man ihm zuvor die Tür gewiesen hatte, war eine Aberration, sagte Mme Landau. Was ihn 1939 und 1945 zur Rückkehr bewegte, wenn nicht gar zwang, das war die Tatsache, daß er von Grund auf ein Deutscher gewesen ist, gebunden an dieses heimatliche Voralpenland und an dieses elende Sonthofen, das er eigentlich haßte und in seinem Innersten mitsamt seinen ihm in tiefster Seele zuwideren Einwohnern am liebsten zerstört und zermahlen gesehen hätte. Bemerkenswerterweise habe er es auch in den letzten zwölf Jahren, in denen er in Yverdon in der Schweiz lebte, nicht über sich gebracht, die Wohnung in Sonthofen aufzugeben, sondern er ist, ganz im Gegenteil, mehrmals im Jahr nach Sonthofen gefahren, um, wie er sich ausdrückte, nach dem Rechten zu sehen. Wenn er von diesen meist nur zweitägigen Expeditionen zurückkam, befand er sich regelmäßig in der gedrücktesten Stimmung und zeigte sich reumütig darüber, daß er den dringenden Rat, nicht mehr nach Sonthofen zu fahren, zu seinem eigenen Schaden wieder einmal ausgeschlagen hatte. Der polnische Dichter hat die angesprochene Lage umfassend, sozusagen global auf die Formel gebracht, man könne es im einen Teil der Welt nicht aushalten und im anderen Teil könne man nicht leben. Die gleichsam entgegengesetzte Lage, in der jemand zwei Weltgegenden so sehr liebt, daß er auf keine der beiden verzichten kann, ist vielleicht weniger verbreitet aber ebenso virulent und vereinzelt ebenso zugrunderichtend. Berichtet wird etwa von einem Mann, der vor zwölf Jahren nach Australien ausgewandert und vor zwei Jahren wieder in seine steiermärkische Heimat zurückgekehrt war. Vor einem halben Jahr ist er wieder nach Australien ausgewandert, obwohl er weiß, daß er wieder in die Steiermark zurückkehren wird und sooft immer wieder nach Australien auswandern und wieder in die Steiermark zurückkehren wird, bis er entweder in Australien oder in der Steiermark Ruhe gefunden hat. In besonderem Maße verstörend ist der Fall eines Mannes, der in seinem Leben mindestens zwanzigmal aus Kärnten in die Steiermark ausgewandert und immer wieder nach Kärnten zurückgekehrt ist, bis er endlich in Kärnten seine Ruhe gefunden hat, in Arndorf bei Sankt Veit an der Glan, wo er sich in der alten Schmiede, die sein letztes Quartier gewesen ist, aus Heimweh nach der Steiermark an einem eisernen Haken erhängt hat. War das nötig, fragt man sich, hätte sich angesichts der geographischen Nähe nicht eine Lösung finden lassen, etwa ein Domizil für die Woche in der Steiermark und eins für das Wochenende in Kärnten oder umgekehrt. Oft muß man hilflos zusehen, wie ein Mensch ganz und gar ohne Sinn und Verstand in sein Unglück läuft.
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