Tilgung
Als der Dichter ein Taxi für die Rückkehr bestellt, erinnert Anne sich an den Traum einer Taxifahrt ohne Ziel in einem Meer von Pflanzen, die winzigen Blütenstände der Moospolster, die haarfeinen Halme des Grases, die zitternden Farne und die gerade aufragenden grauen und braunen, glatten und borkigen Stämme der Bäume, die in einer Höhe von ein paar Metern verschwanden in dem undurchdringlichen Blattwerk der zwischen ihnen aufgewachsenen Stauden, weiter droben breiteten Mimosen und Malvazeen sich aus, hunderterlei Schlingpflanzen hingen herab aus den mit Orchideen und Bromelien überladenen, den Querrahen großer Segelschiffe gleichenden Ästen der Bäume. Und darüber, in einer Höhe, in die das Auge kaum mehr vordrang, schwankten Palmenwipfel, deren fein gefiederte und gefächerte Zweige von jenem unergründlichen, scheinbar mit Gold oder Messing unterlegten Schwarzgrün waren, in denen die Kronen der Bäume in den Bildern Leonardos gemalt sind, zum Beispiel in der Heimsuchung Mariä oder in dem Portrait der Ginevra de Benci.
Eine zielgerichtete Fahrt im Taxi wird für den Augenblick ersetzt durch eine ziellose Traumfahrt in einer überbordenden Flora, die schließlich zu den Gemälden da Vincis führt. Bei der Renaissancemalerei und ganz besonders immer wieder bei Leonardo ist man leicht versucht, die Personeninszenierung außer acht zu lassen und stattdessen den Landschaftshintergrund zu studieren. Nicht genug damit, im Gemälde selbst scheint die Landschaft beharrlich Ginevra de Benci überwuchern zu wollen, das Haar der Schönen ist schon nicht mehr recht unterscheidbar von den mit Gold oder Messing unterlegten Blättern, den Kronen der Bäume. Noch leuchtet Ginevras Gesicht hell hervor, wenn wir warten, wird es irgendwann überwuchert sein und mit ihm das Thema des Gemäldes. Dann endlich ist für alle sichtbar, was ohnehin gilt: La valeur intrinsèque d'un livre (ou d’une peinture) ne dépend pas de l'importance du sujet, mais de la manière d'aborder l'accidentel et l'insignifiant, de maitriser l'infime. L'essentiel n'a jamais exigé le moindre talent.
Als der Dichter ein Taxi für die Rückkehr bestellt, erinnert Anne sich an den Traum einer Taxifahrt ohne Ziel in einem Meer von Pflanzen, die winzigen Blütenstände der Moospolster, die haarfeinen Halme des Grases, die zitternden Farne und die gerade aufragenden grauen und braunen, glatten und borkigen Stämme der Bäume, die in einer Höhe von ein paar Metern verschwanden in dem undurchdringlichen Blattwerk der zwischen ihnen aufgewachsenen Stauden, weiter droben breiteten Mimosen und Malvazeen sich aus, hunderterlei Schlingpflanzen hingen herab aus den mit Orchideen und Bromelien überladenen, den Querrahen großer Segelschiffe gleichenden Ästen der Bäume. Und darüber, in einer Höhe, in die das Auge kaum mehr vordrang, schwankten Palmenwipfel, deren fein gefiederte und gefächerte Zweige von jenem unergründlichen, scheinbar mit Gold oder Messing unterlegten Schwarzgrün waren, in denen die Kronen der Bäume in den Bildern Leonardos gemalt sind, zum Beispiel in der Heimsuchung Mariä oder in dem Portrait der Ginevra de Benci.
Eine zielgerichtete Fahrt im Taxi wird für den Augenblick ersetzt durch eine ziellose Traumfahrt in einer überbordenden Flora, die schließlich zu den Gemälden da Vincis führt. Bei der Renaissancemalerei und ganz besonders immer wieder bei Leonardo ist man leicht versucht, die Personeninszenierung außer acht zu lassen und stattdessen den Landschaftshintergrund zu studieren. Nicht genug damit, im Gemälde selbst scheint die Landschaft beharrlich Ginevra de Benci überwuchern zu wollen, das Haar der Schönen ist schon nicht mehr recht unterscheidbar von den mit Gold oder Messing unterlegten Blättern, den Kronen der Bäume. Noch leuchtet Ginevras Gesicht hell hervor, wenn wir warten, wird es irgendwann überwuchert sein und mit ihm das Thema des Gemäldes. Dann endlich ist für alle sichtbar, was ohnehin gilt: La valeur intrinsèque d'un livre (ou d’une peinture) ne dépend pas de l'importance du sujet, mais de la manière d'aborder l'accidentel et l'insignifiant, de maitriser l'infime. L'essentiel n'a jamais exigé le moindre talent.
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