Mittwoch, 13. November 2019

Sünde

Explosion

There he was, the bluebottle, shining and blue-green and full of sin. Ein Bluebottle voller Sünde, das ist eine berauschende Explosion der Unsinnigkeit, eine Umwandlung vom bluebottle fly zum Knight Bluebottle, eine paradoxe Versetzung in die heroische sündenfreie Zeit. Das schimmernd blaugrüne Insektenpanzer erweist sich als Rüstung, der fly swatter wird zum Schwert, wir bewegen uns auf der Ebene eines archaischen Heldenepos, Ramayana, Táin Bó Cúailnge oder die Erzählungen des Mabinogion. Aus dem Kampf geht Marlowe erwartungsgemäß siegreich hervor, die sterblichen Überreste des Knight Bluebottle drop to the carpet. In Venedig zieht ein mit Bergen von Müll beladener Kahn vorbei, auf dem eine große Ratte die Bordkante entlangläuft. Die Ratte mag der Bluebottle im Säugetierreich sein, es fehlt ihr der blaugrüne Panzer. Keineswegs auch ruht sie schutzlos aus auf einem Sonnenfleck, stürzt sich vielmehr kopfüber ins Wasser und entkommt so dem Schwertstreich des ohnehin schwertlosen Ritters. Der Dichter schaut sich verstärkt im Bereich der Mythologie nach Gegnern und Waffenbrüdern um, brodyr mewn breichiau. Marchog Siôr hatte sich unter den Heiligen, in der fortwährenden Bewegung zwischen Sünde und Gottgefälligkeit, nie wohl gefühlt und verläßt auf Grünewalds Altarbild ihre Gemeinschaft, um unter der Aufsicht Pisanellos Marchog Dragon zum ritterlichen Kampf herauszufordern. In der Chiesa Sant' Anastasia sehen wir ihn ausrücken, in der Nationalgalerie London liegt Dragon bereits leblos zu Füßen des Ritters, ein eher kleines, geringeltes und geflügeltes, blutig von der Sünde reingewaschenes Tier, möglicherweise ein Bruder des Knight Bluebottle. Siôr steht vorausgreifend da in nachchristlicher Sündenfreiheit.

Der Kampf war der Beruf der Ritter, die Jagd die bevorzugte Freizeitgestaltung, wie üblich liegt beides nicht weit auseinander. Gracchus, Siôrs Gefährte im mythische Duo, jagte nicht zum Zeitvertreib, er war, soweit man zurückschauen kann in die Vorzeit, ein Berufsjäger, eine Art Revierförster. Auf dieser Grundlage beteuert er seine Unschuld, die Freiheit von Schuld und Sünde. In der Tat hat er keine Ähnlichkeit mit Julian, dem späteren Heiligen, von dem der Dichter in der Darstellung Flauberts auf Korsika liest. Julian, ein grausames Kind, das aus Lust Tiere tötet, bald der Leidenschaft der Jagd verfällt und von dieser Besessenheit schließlich durch ein Wunder erlöst wird: Es stellen sich ihm im Wald eine unermeßliche Anzahl von Tieren entgegen, die er alle getötet hat, um am Ende vom letzten Hirsch verflucht zu werden: er werde seine beiden Eltern ermorden. Wie es im einzelnen um den Gracchus bestellt war in der Tiefe der archaischen Zeit, läßt sich nicht feststellen. Jedenfalls war er, anders als Julian, weder auffällig grausam noch andererseits auf Heiligkeit erpicht.

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