Montag, 13. September 2021

Opera

Synchronisation

Nicht alle in den Moments musicaux ausgebreiteten Formen der Musik begeistern den Dichter ohne Vorbehalt. Bei der Oper sind es vor allem Handlung und Inszenierung, die ihn zögern lassen. Das gilt besonders, wenn die Libretti aus dem neunzehnten Jahrhundert ein neues Gewand bekommen. Eine durch und durch bewährte Maßnahme besteht darin, wenn möglich ein Zeichen zu setzen in Form eines Hinweises auf den Holokaust, und so werden im Rahmen der überarbeiteten Neufassung der Oper Nabucco aus anonymen, längst vergessenen Sklaven der Vorzeit richtige Juden in Zebraanzügen gemacht. Der Dichter allerdings will den Chor der verkleideten KZ-Häftlinge nicht sehen und läßt seine Freikarte verfallen. Daneben treten immer wieder Schwierigkeiten bei der Synchronisierung von Text und Musik aus. Hernani stößt sich den Dolch in die Brust, fällt tödlich getroffen zu Boden, singt aber desungeachtet in den höchsten und reinsten Tönen weiter. Das leitet über zu Tolstoi, der sich über eine schier endlose Arie mokiert, in der der Sänger immer wieder betont, seine einzige Chance, dem Tod zu entkommen sei die sofortige Flucht. Dem Radikalrealisten Tolstoi waren derartige Girlanden nicht zumutbar.

 

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