Sonntag, 13. November 2022

Feinschmecker

 Kunst und Nahrung

Er geht in fremden Städten auf der Suche nach einem angemessenen Restaurant stundenlang durch die Straßen und Gassen und gerät schließlich wahllos irgendwo hinein und  verzehrt dort in trostloser Umgebung ein ihm auf keine Weise zusagendes Gericht. Ein wenig hat man den Verdacht, daß es ihm so recht ist, schadenfroh über sich selbst, Dichter sind keine Gourmets. Der Verdacht verstärkt sich, als ihm im Viktoriahotel zu Lowestoft ein gewiß seit Jahren schon in der Kühltruhe vergrabener Fisch serviert wird, an dessen paniertem, vom Grill stellenweise versengten Panzer er die Zinken seiner Gabel verbog, der Spaß ist offensichtlich. Nicht zu übersehen: er war beim Maler Aurach in die Lehre gegangen, Aurach, der sein Mittagsmahl täglich im Wadi Halfa und nur dort zu sich nahm, grauenvolle, halb englische und halb afrikanische Gerichte, die der Koch mit einer apathischen Eleganz sondergleichen zubereitet hatte. Künstler sind keine Gourmets, das war das Lehrstück, das er in Aurachs Begleitung erlernt hatte. Im Polen der sechziger und siebziger Jahre war Feinschmeckerei nicht recht zu erkennen, die Mittel, die den Gourmet ausmachen, fehlten weitgehend. Für die lange Wegstrecke nach Hopli sorgt Pradera, seinem Autor Stachura augenscheinlich verwandt, für angemessen Proviant, Brot, Speck, Zwiebeln, Heringe in Tomatensoße, ein Päckchen Tee und verschiedene ander Dinge. In Umrissen ist das die gleichbleibende Verpflegung beim Holzfällen in den kommenden Wochen. Am Sonntag aber sucht Pradera für ein anspruchsvolleres Mahl die Gastwirtschaft Hoplanka in Hopli auf. Er bestellt Eisbein in Fleischbrühe, eine doppelte Portion Kartoffeln, eine doppelte Portion Kraut, Senf und zwei gesäuerte Gurken. Eine derbe, nachhaltig sättigende polnische Mahlzeit, die sich von der verfeinerten französischen oder italienischen Eßkultur spürbar absetzt.

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