Sonntag, 13. Januar 2019

Belletristik

Schimmer

Die Melancholie verdeckt die Heiterkeit. Alle spüren die Melancholie des Dichters und viele sehen nicht seine Heiterkeit, weil sie, die Melancholie vor Augen, nicht mit ihr rechnen. Man stößt auf Äußerungen dahingehend, dem Dichter sei Humor völlig fremd. Ein Rezensent berichtet, er habe zu seiner nicht geringen Überraschung und entgegen aller Erwartung ausgerechnet in der posthum veröffentlichten Lyrik, anders als zuvor in der Prosa, Spuren von Humor entdeckt. Melancholie und Humor bilden, so Marquard, keinen Gegensatz. Man könne die Schwermut auf Heiterkeit ausrichten, verliere sie allerdings nicht. Der schönste Beleg dafür ist die Grabrede für Janine Dakyns. Einerseits die fast schon das Zwerchfell belastende Schilderung der wundersamen Papiervermehrung an ihrer Arbeitsstätte, eine richtige Papierlandschaft mit Bergen und Tälern, die an den Rändern, so wie ein Gletscher, wenn er das Meer erreicht, abbrach und auf dem Fußboden ringsum neue, ihrerseits unmerklich gegen die Mitte des Raums sich bewegende Ablagerungen bildete &c., andererseits der Hinweis auf Dürers Engel der Melancholie. Melancholie und Heiterkeit sind nicht immer so gleichmäßig verteilt wie in diesem Beispiel, mal erscheint der Dichter für einen Augenblick geradezu als lustiger Vogel, etwa bei der Vertilgung und Beschreibung der Fischschnitte in Lowestoft, und dann wieder gar nicht, aufs Ganze gesehen liegt aber ein Schimmer der Heiterkeit über der melancholischen Prosa. Marquard hat sich gern und wiederholt als Transzendentalbelletrist eingestuft. Im Wort Belletristik hört man, auch wenn die Etymologie anderes sagt, das Heitere (belle, was ist heiterer als die Schönheit?) sowohl wie auch das Traurige (triste). In diesem Sinne kann man den Dichter ganz und gar zu den Belletristen zählen. Auch der Transzendenz gegenüber ist er offen, wie unter anderem seine heitere Sympathie für die himmelfahrende Mme Ashbury belegt. Das Transzendentale überläßt er naturgemäß den Fachleuten.

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