Samstag, 16. April 2022

Ufernähe

Verlockung des Wassers

Gewässer, Bäche, Flüsse, Meere, sind uns so fremd wie vertraut. Für das Fremde wappnen wir uns mit einem einen vertrauten, maritimen oder nicht maritimen Begleiter, unterschiedlich je nach Art des Gewässers. Am Meeresufer läßt man sich gern von einem Schiff in der Ferne begleiten. Der Fußpfad führt durch eine Ginsterböschung auf die Anhöhe der Lehmklippe hinauf, draußen auf dem bleifarbenen Meer begleitet ihn ein Segelboot, genauer gesagt schien es ihm, als stünde es still und als käme er selber, Schritt für Schritt, so wenig vom Fleck wie der unsichtbare Geisterfahrer mit seiner bewegungslosen Barke. Hinter einem niedrigen Elektrozaun lagerte eine an die hundert Stück zählende Schweineherde auf der von ein paar mageren Kamillenbüschen bewachsenen braunen Erde. Der Himmel verdunkelte sich zusehends, die Barke, die so lang sich nicht fortbewegt hatte, war auf einmal verschwunden. Auf dem ummauerten Adige im Stadtinneren Veronas hätte ein Segelboot nicht den gleichen Zauber entfachen können, der Dichter ist auf eine andere Begleitung angewiesen, eine Begleitung etwa in Form eines hellfarbigen Hundes mit einem schwarzen Fleck wie einer Klappe über dem linken Auge, der sich ihm denn auch ohne weitere Rückfrage anschließt. Hunde sind grundsätzlich als nichtmaritime Wesen zu werten, ihre Verbundenheit mit dem Wasser ist aber auf einer großen Brandweite unterschiedlich. Die einen nutzen auch noch den kleinsten Vorwand, um sich ins Wasser zu stürzen, andere meiden das Naß so gut und weit wie nur möglich. Wie der Hund mit dem schwarzen Fleck einzuordnen wäre, bleibt offen. Er ist immer ein Stück weit voraus, bleibt sein Mentor stehen, um ein wenig auf den Fluß hinab zusehen, hält auch der Hund und schaut versonnen auf das fließende Wasser. Wenn es weiter geht, macht auch der Hund sich wieder auf den Weg. Als der Dichter allerdings den Corso Cavour überquert, bleibt der Hund zurück auf der anderen Straßenseite, er ist dem Wasser wohl doch enger verbunden, als sich erahnen ließ.

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