Głos Pana
Sein Ehrenamt als Meßdiener hatte der Dichter schon früh niedergelegt, Gründe und Ablauf des Austritts aus der Kirchengemeinde sind im einzelnen nicht bekannt. Eine Spur führt zu seinem Vorbild, dem Lehrer Bereyter, dem die, mit seinen Worten, katholische Salbaderei seit jeher zutiefst zuwider war, legendär der Schabernack, den Bereyter zum Schaden des Katecheten
im Umgang mit dem Weihwasser betrieb. Im Vordergrund steht aber wohl der
entschiedene Zweifel des Dichters an der Vorrangstelle des Menschen,
fortwährend betont er das gleiche uneingeschränkte Lebensrecht für jegliche
Kreatur. Für diese Einsicht sind besonders die Abrahamitische Religionen in
keiner Weise aufgeschlossen, der Mensch, Gottes Ebenbild, wie es heißt, ragt
ungeniert empor über alles, die umgebende Welt beschränkt sich auf
Nahrungsvorsorge und erbaulichen Dekor allein für die Menschen. Bei indigenen
Völkern sucht man eine vergleichbare Hybris vergeblich, Mąʼii, der Coyote, ist gewiefter als der Mensch. Wenn es von Bereyter
trotz allem heißt, er sei gottgläubig, ist wohl kein Wechsel vom Katholizismus
zum Protestantismus anzunehmen, daß er nach der Abkehr vom Papst Luthers Weg
gefolgt wäre, dafür gibt es keinen Hinweis. Beim Dichter seinerseits finden
sich wiederholt Andeutungen, die man dem sogenannten Aberglauben zuordnen
möchte. Tatsächlich geht es in beiden Fällen, bei Bereyter sowohl wie beim
Dichter, nur darum, daß nach dem Abschied vom Christenglauben nicht etwa
Klarheit eintreten würde, das Ergebnis war Befreiung und Verlorenheit zugleich.
Man muß sich eingestehen, daß ohne eine verbindliche transzendente Position die
Welt unbekannter und unverständlicher ist als je zuvor, es fehlt die Antwort
auf die alte Frage, warum Etwas ist und nicht vielmehr Nichts und warum das,
was ist, so ist wie es ist und nicht anders. In Lems Roman Głos Pana vermutet
die Wissenschaft dem Titel entsprechend möglicherweise auf andere Weise die Stimme
des Herrn wahrzunehmen. Innerhalb des allumfassenden laut- und gestaltlosen
Neutrinolärms, so der Ausgangspunkt des Romans, bildet sich unversehens ein
Sprachmustern ähnliches Modell ab. Wenn es der HERR sein sollte, der sich hier
äußert, dann ist es der HERR des Alls und nicht der Stadthalter einer
abgelegenen Filiale namens Planet Erde. Wenn der Herr reden sollte, dann mit wem
und über was? Wahrscheinlich aber haben wir es dann doch nicht mit der Stimme des
Herrn zu tun, sondern mit Froschquaken (żabi skrzek), wie es heißt. Niemand hat
bisher die Stimme des Herrn nachweislich gehört und hätte sie wohl auch nicht
verstehen können, da der sogenannte Homo sapiens in seinem jetzigen Zustand, so Lems Überlegung, die für das Verständnis des wahren Herrn der Welt erforderliche evolutionäre Stufe noch
nicht erreicht hat.
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