Freitag, 26. August 2022

Brucia continuamente

Last Generation

 

Der Mensch besteht in erster Linie aus Wasser und in zweiter Linie aus Kohlenstoff, wen kann es wundern, daß es die Menschen zum Meer zieht und daß passend schnelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren sie dorthin verfrachten. Die Stichhaltigkeit dieser Überlegung ist fraglich, den Dichter jedenfalls zieht es nicht an den Badestrand, und die Eisenbahn, die ihn nach Venedig bringt, hat keinen Heizer, der für den pausenlosen Ausstoß schwarzer Rauchwolken sorgt, wie man sie aus Westernfilmen kennt. Diese Qualmlokomotiven waren freilich noch rare Erscheinungen, die Idee einer zu schonenden Umwelt konnten sie nicht erwecken. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren im engeren Sinn gab es zunächst noch nicht. Das  hat sich inzwischen grundsätzlich geändert. Man horcht mit wachem Entsetzen auf die Brandung des Verkehrs, der schon stundenlang über uns hinweggegangen war. Das also ist der neue Ozean. Unaufhörlich, in großen Schüben kommen die Wellen daher, werden lauter und lauter, überschlagen sich in einer Art von Phrenesie auf der Höhe des Lärmpegels. Aus diesem Getöse entsteht jetzt das Leben, das nach uns kommt und uns langsam zugrunde richten wird. Ist es eine neue Welt oder das Ende der Welt? Bislang ist nur der Lärm erfaßt, nicht das Gift, nicht die allumfassende Verbrennung, und was soll man davon halten, daß - erkenntlich am herausragenden Beispiel des Inceneritone Comunale auf der der Giudecca westwärts vorgelargerten namenlosen Insel - gerade die Krematorien ohne Unterlaß brennen, bruciano continuamente. Die Krematorien sind nur das eindrückliche Signal, nichts in der Welt der Menschen geht noch ohne Verbrennung, die Welt verbrennt, junge Leute haben sich schon als die letzte Generation ausgerufen.

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