Diné
Eine Zeitlang lebte Novelli in der grünen südamerikanischen Wildnis und arbeitete unter anderem am Lexikon einer fast nur aus Vokalen und vor allem aus dem in unendlichen Variationen betonten und akzentuierten Laut A bestehenden Sprache, von der bislang nicht ein einziges Wort verzeichnet war. Bewegt man sich um einiges weiter nach Norden hin zur Navajo Reservation, ist die sprachliche Situation kaum durchsichtiger. Man schaut auf das immerhin vorhandene Schriftbild dieser sogenannten Sprache und kann nicht erkennen, daß hier verständliche Dinge zu Papier gebracht wurden, man stolpert durch die Zeilen. Vom vermuteten Klang der Sprache mag man gar nicht sprechen, auf fast jede Silbe folgt offenbar ein Glottisverschlußlaut, der jeweils folgende Glottisverschlußlaut will den vorausgegangenen geradezu überlagern. Schaut man noch genauer hin und erfährt, wie die Navajosprache ihre Substantive generiert, ganz zu schweigen von den Verben, möchte man auch Muttersprachlern abraten, sich länger als drei Minuten im heimischen Idiom zu bewegen, Hirnschäden scheinen jenseits dieser Zeitgrenze unvermeidbar. Und dann hört man Joe Shirley, den seinerzeitigen Präsidenten der Navajo Nation. Die Wörter bewegen sich in seinem Mund wie in Samt gehüllt, fast möchte man sagen lautlos, jedenfalls musikalisch sanft, die Glottisverschlußlaute sind von zarter Rhythmik, Verständnisschwierigkeiten irgendwelcher Art gibt es offenbar nicht, man möchte nie wieder eine andere Sprache hören als diese, kein Englisch, kein Deutsch, nicht einmal Russisch. Wie es heißt, referierte Shirley bei seinem Auftritt über politische Themen und insbesondere über Budgetschwierigkeiten. Das Publikum lauschte gespannt.
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