Mittwoch, 7. Dezember 2022

Liberty Valence

 Technik im Visier

Was macht Westernfilme, wenn sie denn gelungen sind, so angenehm und beruhigend? Es ist der Umstand, daß uns im Western weder Autos noch gar Flugzeuge begegnen, geschweige denn Halbleiter, ein technisches Trio, das für Cioran das endgültige  Abkommen der Menschheit von ihrem vorgesehenem Weg einleitete. Von all diesen Neuerungen bleiben die Zuschauer des Filmgenres Western verschont, Stille breitet sich aus in den Great Plains, in der Weite des Landes. In einem sogenannten Spätwestern mag ein selbstfahrendes, rauchendes Vehikel auf vier Rädern kurzzeitig auftauchen, ein lächerliches Blechgerät, niemand bei Sinnen würde es gegen sein Pferd eintauschen. Der Kinobesucher sieht entspannt schon das friedliche Ende voraus, im Film aber ist es zunächst die alleinige Aufgabe des Westernhelden, eine mehr oder wenige unfriedliche Situation zu beseitigen, das ist der Handlungskern des Westernfilms. Zu seiner eigenen Verwunderung gelingt es dem mit einem Revolver in keiner Weise vertrauten Anwalt Ransom Stoddard den Scharfschützen und Unhold Liberty Valence auszuschalten, so scheint es zunächst. Tatsächlich aber hatte Tom Doniphon, der mit dem Colt umzugehen konnte wie kein zweiter, versteckt aus einer dunklen Nebenstraße heraus die fällige Aufgabe heimlich übernommen. So oder so, der Frieden hat Einzug gehalten. 
 
Eine Würdigung des Westernfilms von seiten Ciorans ist nicht bekannt, das Genre war ihm wohl eher fremd. Der Dichter seinerseits hatte nach einem einschlägigen Kinobesuch für eine kurze Zeit das Gehabe eines Cowboys angenommen, um aber bald, Cioran sich annähernd, die Menschheit, wie wir sie kannten, in der rastlos voranschreitenden Technik untergehen zu sehen.  

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