Glaube am Boden
Ist es nur die von ihm so genannte katholische Salbaderei, die er nicht erträgt, oder die gesamte katholische Religion, immerhin gilt er ja als gottgläubig. Vielleicht können wir in Bereyter einen Vorläufer Bruno Latours erkennen, der die als zentral geltende Vokabel Glaube als untauglich ablehnt. Gläubig ist er also nicht, gleichwohl aber dem Katholizismus seiner Kindheit verpflichtet und ein gelegentlicher Kirchgänger. Um der als Salbaderei empfundenen Predigt in der Eglise Saint-Jean-Baptiste seines Heimatort Montcombroux-les-Mines zu entkommen, entwirft er für sich einen stummen Paralleltext, der ihm aber bald als noch mißlungener erscheint. Lebendig halten, so seine Einsicht, läßt sich die Religion weder durch starres Festhalten an der Tradition noch durch Anpassung an den jeweiligen Zeitgeist, insbesondere Entmythologisierung und Rationalisierung des biblischen Geschehens führen zum Bankrott. Notwendig ist eine ständige Erneuerung in der Gegenwart, der Hinweis, etwas sei schon hundertmal bestätigt worden, bestätigt nichts. Der Glaube ist nur ein Vehikel zur Überbrückung des immer wieder auftretenden Stillstands. Latour vergleicht den religiösen Zustand mit dem der Liebenden, es ist still geworden, doch dann mag die Liebe wieder neu aufflammen, dann mag man jubilieren. Man darf, so im Wortlauf, nicht erfinden, sondern muß erneuern, darf nicht entdecken, sondern muß wiederfinden, darf nicht innovieren, sondern muß das alte Lied neu anstimmen. Bereyter wäre möglicherweise aufgeschlossen gewesen für Überlegungen dieser Art, ob er auch Colo, den Freund und gestandenen Atheisten, hätte begeistern können, ist eine andere Frage.
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