Erleben und Erinnern
Man war geboren und wußte nicht einmal, daß man geboren war, dazu brauchte man einige Zeit. Man hatte eine Mutter, die ihm das Leben schenkte, das verstand man nicht so gleich, man wurde aber ein wenig älter und verstand bald schon das nötigste. Man ging zur Schule, lernte zu schreiben, dies und jenes und so weiter. Man lernte und lernte mehr und mehr und dachte nur voraus, nach vorn, dann dachte man aber auch zurück, was war alles schon geschehen, ist man nicht gern zur Schule gegangen, wie war es mit der Lehrerin? Was aber kommt demnächst? Das Kommende war wichtig, zur Hälfte des Lebens aber wurde der Rückblick immer wichtiger, was soll noch geschehen und was war schon alles geschehen, der Rückblick wurde immer wichtiger, von dem, was noch kommen wurde, war nicht mehr viel zu erwarten, man schaute zunehmend rückwärts an die Erinnerungen dessen, das war und was man nicht vergessen konnte. Die Erinnerung wurde immer umfassender, das wenige noch zu Erwartende wurde immer geringer, es mag aber auch noch unerwartete Überraschungen geben, die dann ihrerseits unvergeßlich bleiben, unvergeßlich, bis der Tod alles vergessen läßt. Immer mehr wird vergessen, das ist der Verlauf eines Lebens und des vergessenen Todes.
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