Per Eisenbahn, per Strick
In seinem Sterbetagebuch Pogodzić się ze światem, Seinen Frieden machen mit der Welt, findet Stachura am ehesten noch Halt am von keines Gedankens Blässe angekränkelte polnischen Katholizismus seiner Mutter, der ihm selbst naturgemäß verschlossen ist. Das Tagebuch führt vom ersten, in seinem Fall mißlingenden Suizidversuch per Eisenbahn – nur die rechte Hand wurde ihm abgefahren, er schreibt nun mit der linken – zum zweiten und erfolgreichen Versuch per Strick drei Monate später.
Eine kurze Filmsequenz des syrischen Fernsehens zeigt Baschar
Al-Assad, als er in einem schlichten Anzug okzidentalen Zuschnitts mit einer
Aktentasche unterm Arm frühmorgens das Amtsgebäude betritt, wie jeder andere
öffentliche Bedienstete bereit für das in seinem Fall besonders schwere
Tagwerk. Eine Aktentasche ist immer der Ausweis eines geordneten bürgerlichen
Lebens, all das andere, was man sonst noch zu hören und zu sehen bekommt aus
Syrien, Kämpfen und Morden, ist offenbar getürkt und erlogen. So unverzichtbar
die Aktentasche im bürgerlichen Leben ist, so fehl am Platz ist sie im sakralen.
Wenn der Katechet die Flasche mit dem geweihten Wasser in einer
schwarzglänzenden, schweinsledernen und nicht gottgefälligen Aktentasche befördert,
hat er bereits verloren im Kampf mit Bereyter, der das Weihwasserbecken immer
schon aus der profanen Gartenkanne aufgefüllt hat. Ungeachtet seiner tiefen,
geradezu körperlich empfundenen Abneigung gegenüber dem Katholizismus gilt
Bereyter als gottgläubig, die Umrisse dieser Gottgläubigkeit werden aber nicht
erkennbar, auch nicht in der Stunde seines Todes.
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