Dienstag, 18. Februar 2020

Vogelruf

Ungeliebte Verwandtschaft

An Pisanello, dem italienischen Maler der Frührenaissance, bewundert der Dichter vor allem die Art, wie es ihm gelingt, seine Kunst in einer mit der realistischen Malweise eigentlich unvereinbaren Fläche aufgehen zu lassen, in der allem, den Hauptdarstellern und den Komparsen, den Vögeln am Himmel, dem grün bewegten Wald und jedem einzelnen Blatt dieselbe, durch nichts geschmälerte Daseinsberechtigung zugesprochen wird. Bei Heidegger, dem wenig geschätzten Confrère im Denken und Trachten, finden sich ganz ähnliche Worte, wenn er, van Goghs Bild der ausgetretenen Schuhe vor Augen, also auch mit Berufung auf die Kunst, von einem Weltenraum spricht, in dem ein jeglich Ding, ein Baum, ein Berg, ein Haus, ein Vogelruf die Gleichgültigkeit und Gewöhnlichkeit ganz verliert. Eine weitere Übereinstimmung des ungleichen Paares ist naturgemäß die Zurückhaltung gegenüber der Technik, dem Gestell. Das also, die fortwährende Brandung des Verkehrs, ist der neue Ozean. Unaufhörlich, in großen Schüben über die gesamte Breite der Städte kommen die die Wellen daher, überschlagen sich in einer Art von Phrenesie auf der Höhe des Lärmpegels und laufen als Brecher aus über den Asphalt und die Steine, während von den Stauwehren an den Ampeln bereits neue Wogen hereinrauschen. Aus diesem Getöse entsteht jetzt das Leben, das nach uns kommt und das uns langsam zugrunde richten wird. Gegenüber dem resignativen Ton des Dichters zeigt Heidegger entschlosseneren Widerstand, wobei er, wie man weiß, für eine nicht allzu kurze Zeit seine Waffenbrüder an völlig ungeeigneter Stelle gesucht hat.

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