Gespräche ohne Worte
Gespräche verlaufen meistens so, daß der Gesprächspartner mehr oder weniger ausführlich vorträgt, während der Dichter schweigt oder doch seine Worte dem Leser verschweigt. Ab und zu kommt es zu Gesprächen ganz ohne Worte, so etwa in der alten Pariser Nationalbibliothek in der Rue Richelieu, wo meistens ein gepflegter älterer Herr neben ihm sitzt, der seit Jahrzehnten an einem Lexikon der Kirchengeschichte arbeitet und inzwischen an den Buchstaben K gelangt ist, so daß er das Werk nicht wird zu Ende bringen können. Worte werden zwischen den beiden Nachbarn nicht gewechselt, sie sind auch nicht zulässig im Lesesaal, Marie Verneuil schiebt dem Dichter nur stumm einen Kassiber zu, um sich dann im Arkadencafé mit ihm zu unterhalten. Der Buchstabe K mag gut lesbar auf den Karteikarten gestanden haben, die der Kirchengeschichtler freilich mit einer winzigen, geradezu gestochenen Schrift füllt. Woher die Kenntnis der schon an die Ewigkeit grenzenden Dauer der Arbeit stammt, bleibt im Dunklen.
Im Wartesaal des deutschen Konsulats in der Via Solferino trifft der Dichter aus eine sechsköpfige Artistenfamilie, Vater Mutter, Großmutter und drei Töchter, in deren Gesellschaft ihm die beträchtliche Wartezeit wie im Flug. Als Liebhaber der Malerei Pisanellos hat der Dichter den Vater an dem wunderbaren, formvollendeten und weitkrempigen Strohhut, den er in der Hand drehte, sogleich zweifelsfrei als San Giorgio erkannt, die Camouflage als Giorgio Santini nur eine zusätzliche Bestätigung. Wie aber weiß er von dem Namen Santini? Alles wird ihm daran gelegen sein, den Zauber der Artistenfamilie, der drei Mädchen in Sommerkleidern aus feinstem Batist mit Windrädchen, Teleskop und Sonnenschirm nicht durch triviale Erkundigungen und banales Gespräch zu zerstören, zudem fragt man einen Heiligen nicht einfach nach seinem Namen, und er wird seinerseits mit seinem Namen nicht renommieren. Der Dichter könnte den zwergwüchsigen Konsularbeamten, zu dem er endlich vorgelassen wird, um Auskunft gebeten haben, der Datenschutz war damals noch nicht so penibel entwickelt wie heute. Wie es sich schließlich herausstellte, hießen sie &c., lautet der Text, und das bedeutet ganz einfach: Genaueres über die Art der Verständigung werden wir nicht erfahren.
Gespräche verlaufen meistens so, daß der Gesprächspartner mehr oder weniger ausführlich vorträgt, während der Dichter schweigt oder doch seine Worte dem Leser verschweigt. Ab und zu kommt es zu Gesprächen ganz ohne Worte, so etwa in der alten Pariser Nationalbibliothek in der Rue Richelieu, wo meistens ein gepflegter älterer Herr neben ihm sitzt, der seit Jahrzehnten an einem Lexikon der Kirchengeschichte arbeitet und inzwischen an den Buchstaben K gelangt ist, so daß er das Werk nicht wird zu Ende bringen können. Worte werden zwischen den beiden Nachbarn nicht gewechselt, sie sind auch nicht zulässig im Lesesaal, Marie Verneuil schiebt dem Dichter nur stumm einen Kassiber zu, um sich dann im Arkadencafé mit ihm zu unterhalten. Der Buchstabe K mag gut lesbar auf den Karteikarten gestanden haben, die der Kirchengeschichtler freilich mit einer winzigen, geradezu gestochenen Schrift füllt. Woher die Kenntnis der schon an die Ewigkeit grenzenden Dauer der Arbeit stammt, bleibt im Dunklen.
Im Wartesaal des deutschen Konsulats in der Via Solferino trifft der Dichter aus eine sechsköpfige Artistenfamilie, Vater Mutter, Großmutter und drei Töchter, in deren Gesellschaft ihm die beträchtliche Wartezeit wie im Flug. Als Liebhaber der Malerei Pisanellos hat der Dichter den Vater an dem wunderbaren, formvollendeten und weitkrempigen Strohhut, den er in der Hand drehte, sogleich zweifelsfrei als San Giorgio erkannt, die Camouflage als Giorgio Santini nur eine zusätzliche Bestätigung. Wie aber weiß er von dem Namen Santini? Alles wird ihm daran gelegen sein, den Zauber der Artistenfamilie, der drei Mädchen in Sommerkleidern aus feinstem Batist mit Windrädchen, Teleskop und Sonnenschirm nicht durch triviale Erkundigungen und banales Gespräch zu zerstören, zudem fragt man einen Heiligen nicht einfach nach seinem Namen, und er wird seinerseits mit seinem Namen nicht renommieren. Der Dichter könnte den zwergwüchsigen Konsularbeamten, zu dem er endlich vorgelassen wird, um Auskunft gebeten haben, der Datenschutz war damals noch nicht so penibel entwickelt wie heute. Wie es sich schließlich herausstellte, hießen sie &c., lautet der Text, und das bedeutet ganz einfach: Genaueres über die Art der Verständigung werden wir nicht erfahren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen