Donnerstag, 22. August 2019

L‘ultimo giorno della gioventú

Sehnen

Wir lernen den Dichter bei seiner ersten Italienreise im Jahre 1980 als einen Mann in mittleren Jahren kennen, eher noch jung. Wir haben eine wenig detailreichen Einblick in seine Kindheit in der Ortschaft W. In seiner Jugend durchlebte er eine kurze Phase der imaginären Amerikanisierung, jung war er auch noch bei seiner Ankunft in Manchester. Jung ist er auch noch, als er mit Clara in Hingham auf Wohnungssuche ist. Was er als den letzten Tag seiner Jugend ansieht, bleibt und verborgen. Gern stellt man eine Verbindung zum Ende des Junggesellenlebens her. Folgt man dieser Spur, wird man beim Dichter nicht fündig, er datiert diesen Tag nicht genauer, verschweigt ihn. Bei Kafka gestaltet sich die Lage ebenfalls schwierig, soll man den Anfang der Romanze mit Felice Bauer werten oder ihr endgültige Ende fünf Jahre später, oder soll man sie wegen ihres Scheiterns gar nicht heranziehen. Delfini verlegt den Ultimo giorno della gioventú seines Helden Dirocchi eher spät in dessen einundvierzigstes Lebensjahr. Immer wieder erzählt Delfini von Liebesgeschichten, die schon ewig dauern, ohne auch nur begonnen zu haben. Neben dem wahren Leben existiert ein zweites, das nur aus Sehnsucht und Nichts besteht, am ultimo giorno della gioventú löst sich das Sehnen endgültig auf im Nichts. Der Dichter sieht den Sinn der unablässigen Fahrten des Gracchus, der so lange schon wartet auf seinen letzten Tag, in der Abbuße einer Sehnsucht nach Liebe und verleiht Delfinis Thema aus einer anderen Perspektive zusätzliche Plausibilität. L’anno dopo, auch vom Jahr danach erzählt Delfini, aber das ist eine andere Geschichte mit anderem Personal, wenn auch mit ähnlichem Verlauf und ähnlichem Ausgang.

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