Vereisung
Mit den Artisten und Zirkusleuten sind wir vertraut, in Mailand hat der Dichter uns mit der Artistenfamilie Santini bekannt gemacht und in Paris mit den Zirkusleuten Bastiani. In beiden Fällen handelt es sich um einen relativ umfangreichen und insofern fast schon archaischen Familienverband in der Tradition mittelalterlicher Gaukler. Die Santinis reichen gar ins frühe Mittelalter zurück, wenn nicht in die späte Antike, ist doch Giorgio Santini, das Familienoberhaupt, unschwer erkennbar als San Giorgio, einmal an dem nur leicht verstellten Namen und zum anderen an dem Strohhut, den er in der Hand hält, haargenau der gleiche, mit dem Pisanello den heiligen Drachentöter ausgestattet hatte. Der heilige Georg ist aber wiederum der Namenspatron des Dichters und in mancher Hinsicht sein Vorbild. Aber nicht nur vom heiligen Georg her, sondern auch über den Himmelsfürsten Sand Sebolten nähert sich der Dichter der Artistenwelt. Sand Sebolt entfacht im Herd eines um Holz geizenden Wagners ein Feuer aus Eiszapfen. Immer ist diese Geschichte von der Verbrennung der gefrorenen Lebenssubstanz dem Dichter von besonderer Bedeutung gewesen, und er hat sich oft gefragt, ob nicht die inwendige Vereisung und Verödung am Ende die Voraussetzung ist dafür, daß man, vermittels einer Art schwindelhafter Schaustellerei die Welt glauben machen kann, das arme Herz stünde noch in Flammen: ein Satz, der seine Schönheit auf den ersten Blick aus seiner Unverständlichkeit bezieht, so unverständlich wie ein doppelter Salto auf dem Hochseil, einsichtig wird gerade an dieser Stelle, warum dem Philosophen Agamben nach eigener Auskunft die Bücher die liebsten sind, die er nicht versteht, deren Worte er nur ekstatisch zu buchstabieren vermag. Aber dann dämmert es doch, die inwendige Vereisung spürt der Dichter in sich selbst, das arme Herz ist das seine, und in schlechten Augenblicken und unter Schwindelgefühlen erscheint ihm seine Prosakunst als schwindelhafte Schaustellerei, die sein Herz nur scheinbar auflodern läßt. Die Wunder der Heiligen, die Kunststücke der Artisten, die Wortkunst der Dichter fallen in die gleiche Kategorie, mal erscheint alles als Wunder, mal alles als bloße Gaukelei und mal erscheint jedes als das, was es ist. Der Dichter kann sich mal so und mal so stellen, er hat Spielraum, Raum für das literarische Spiel. Wenn allerdings Vereisung und Verödung die unumgängliche Voraussetzung wäre, dann wäre allein Niedergeschlagenheit der Nährboden des literarischen Werkes und es wäre nichts als ein Strohfeuer.
Mit den Artisten und Zirkusleuten sind wir vertraut, in Mailand hat der Dichter uns mit der Artistenfamilie Santini bekannt gemacht und in Paris mit den Zirkusleuten Bastiani. In beiden Fällen handelt es sich um einen relativ umfangreichen und insofern fast schon archaischen Familienverband in der Tradition mittelalterlicher Gaukler. Die Santinis reichen gar ins frühe Mittelalter zurück, wenn nicht in die späte Antike, ist doch Giorgio Santini, das Familienoberhaupt, unschwer erkennbar als San Giorgio, einmal an dem nur leicht verstellten Namen und zum anderen an dem Strohhut, den er in der Hand hält, haargenau der gleiche, mit dem Pisanello den heiligen Drachentöter ausgestattet hatte. Der heilige Georg ist aber wiederum der Namenspatron des Dichters und in mancher Hinsicht sein Vorbild. Aber nicht nur vom heiligen Georg her, sondern auch über den Himmelsfürsten Sand Sebolten nähert sich der Dichter der Artistenwelt. Sand Sebolt entfacht im Herd eines um Holz geizenden Wagners ein Feuer aus Eiszapfen. Immer ist diese Geschichte von der Verbrennung der gefrorenen Lebenssubstanz dem Dichter von besonderer Bedeutung gewesen, und er hat sich oft gefragt, ob nicht die inwendige Vereisung und Verödung am Ende die Voraussetzung ist dafür, daß man, vermittels einer Art schwindelhafter Schaustellerei die Welt glauben machen kann, das arme Herz stünde noch in Flammen: ein Satz, der seine Schönheit auf den ersten Blick aus seiner Unverständlichkeit bezieht, so unverständlich wie ein doppelter Salto auf dem Hochseil, einsichtig wird gerade an dieser Stelle, warum dem Philosophen Agamben nach eigener Auskunft die Bücher die liebsten sind, die er nicht versteht, deren Worte er nur ekstatisch zu buchstabieren vermag. Aber dann dämmert es doch, die inwendige Vereisung spürt der Dichter in sich selbst, das arme Herz ist das seine, und in schlechten Augenblicken und unter Schwindelgefühlen erscheint ihm seine Prosakunst als schwindelhafte Schaustellerei, die sein Herz nur scheinbar auflodern läßt. Die Wunder der Heiligen, die Kunststücke der Artisten, die Wortkunst der Dichter fallen in die gleiche Kategorie, mal erscheint alles als Wunder, mal alles als bloße Gaukelei und mal erscheint jedes als das, was es ist. Der Dichter kann sich mal so und mal so stellen, er hat Spielraum, Raum für das literarische Spiel. Wenn allerdings Vereisung und Verödung die unumgängliche Voraussetzung wäre, dann wäre allein Niedergeschlagenheit der Nährboden des literarischen Werkes und es wäre nichts als ein Strohfeuer.
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