Tarnung
Es war ein grausig blutig böses Lohen, vom Wind getrieben durch die ganze Stadt. Zu Hunderten die toten Tauben auf dem Pflaster, das Federkleid versengt. Ein Haufen Plünderer in Lincoln’s Inn. Die Kirchen, Häuser, Holz und Mauersteine, alles brennt zugleich. Am Gottesacker die immergrünen Bäume fangen Feuer. Ein rasend kurzer Fackelbrand, ein Krachen, Funkenstieben und Erlöschen. Des Bischofs Braybrookes Grab ist aufgetan. Ist dies die letzte Stunde? Ein dumpfer, ungeheurer Schlag. Wie Wellen in der Luft. Das Pulverhaus fliegt auf. Wir fliehen auf das Wasser. Um uns der Widerschein, und vor dem tiefen Himmelsdunkel in einem Bogen hügelan die ausgezackte Feuerwand bald eine Meile breit. Und anderen Tags ein stiller Aschenregen – westwärts, bis über Windsor Park hinaus. – Der Erzähler liest im Tagebuch von Samuel Pepys, er selbst ist nicht gefährdet vom Feuer.
Anders ist die
Lage für Jan Pradera, er hat es nicht mit der Feuerhitze, sondern mit der
Schneekälte zu tun. Der Schneefall wirkt obendrein wie ein Nebel und verbindet sich mit dem
Seelennebel, der Vernebelung von innen her, die Pradera immer wieder beklagt. Im letzten Absatz der Siekierezada
heißt es dann: Ich war absolut hilflos. Sah mich schon nicht mehr als menschliches Wesen,
wer weiß, ob ich mich überhaupt noch als Wesen sah, vielleicht sah ich
überhaupt nichts mehr, kniete im Nebel des Schnees und im Seelennebel, wußte
nichts mehr, wußte nicht einmal, daß ich zur Vernichtung verurteilt war, zur
Auflösung, zum Verschwinden im einen und im anderen Nebel. - Das sieht auf den
ersten Blick nicht gut aus, aber wir müssen genauer hinschauen. Kurz zuvor
hatten wir noch einmal den in der Erzählung mehrfach wiederkehrenden seltsamen Satz gelesen: Zawsze
i teraz abolutnie służy tobie emanuel delawarski: Immer und nunmehr absolut
dient dir Emanuel Delawarski. Um die seltsame Mitteilung zu verstehen, muß der
Satz einer Reihe von Transformationen unterworfen werden:
Zawsze i teraz abolutnie służy tobie emanuel delawarski.
Z awsze I T eraz A bolutnie S łuży T obie E manuel D elawarski.
ZITA STED
ZITA STachura EDward
Zita Orszyn und Edward Stachura
Stachura hat die Tarnverkleidung als Janek Pradera abgestriffen und zur Irreführung im Wald zurückgelassen. Er selbst beeilt sich so sehr er kann und erreicht, anders als Wochen zuvor der im Bahnhof Breslau tödlich verunglückte Zbigniew Cybulski, pünktlich den Zug, der ihn zurückbringen wird zu seinem ein und alles, zu seiner Frau Zita. Wie Sebalds Erzähler und anders als Odysseus will Sted nach langer Trennung beim Wiedersehen mit Penelope niemanden dabei haben. Odysseus kann ohnehin kein Vorbild sein, wenig angetan von der Vielzahl der Gäste in seinem Haus, hat er die meisten umgebracht.
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