Wiederholung
Die zweite
Reise ist als Forschungsreise einzustufen, was immer der Gegenstand der
Forschung sein mag. Venedig erweist sich allerdings als ungeeignet für
intellektuelle Arbeit, der Boden ist be- und verdeckt von rastenden Rucksacktouristen,
von den Kähnen springen Ratten ins Wasser, der Dichter fährt unverzüglich
weiter nach Padua. Dort setzt er mit einem Gemälde Giottos die bereits während
der ersten Reise aufgenommene Kunstbetrachtung fort, die sicher nicht dem
gefahrvollen Teil der damaligen Zeit zuzuschlagen war. Die Frage der
Aufzeichnungen kann erst nach der Ankunft in Limone weiter verfolgt werden. Nahe
der offenen Terassentür des Hotels hat er seine Papiere und Aufzeichnungen
ausgebreitet, die Wirtin, die ihm, wie erbeten, in regelmäßigen Abständen einen
Espresso bringt, schaut interessiert auf sein Werk. Auf ihre Frage hin erfährt
sie, er arbeite an einem Kriminalroman, in dem auch sie zu den handelnden
Personen zähle, ein sicheres Zeichen,
daß er sich längst entschlossen hat, auch seine zweite Reise zu dokumentieren. An
welcher Episode er im Augenblick arbeitet, erfährt man nicht. Erst in Verona
nähert er sich dem eigentlichen Vorhaben, der Erforschung der zurückliegenden
gefahrvollen Zeit. Die Eingangstür zum Restaurant des Carlo Cadavero ist mit
einer Spanplatte vernagelt, und auch die Läden in den oberen Stockwerken des
Hauses sind sämtlich verschlossen. Der Photograph im Laden nebenan schüttelt
auf Befragen hin immer nur den Kopf, als sei er des Sprechens nicht mächtig.
Als sich die Tür wieder schließt, hört man immerhin eine Reihe wüster
Verwünschungen. Die Aufklärungsmission ist gescheitert. Günstiger verläuft die Aufklärung
der GRUPPE LUDWIG und ihrer Taten. Die zahlreichen Morde, so Salvatore Altamura, wurden aus
nicht nachvollziehbaren Gründen von zwei jungen Leuten aus gutem Haus verübt,
ungeklärt bleibt, ob es die gleichen Männer waren, deren Augen sich immer wieder
auf den Erzähler gerichtet hatten. In der Biblioteca Civica blättert der
Erzähler ausführlich in den Veroneser Zeitungen des Jahres 1913, die Erinnerung
an die gefahrvolle Zeit im Jahre 1980 kann dafür nicht der Anlaß sein, vielmehr
geht es offenbar um den Entwurf der Erzählung Badereise nach Riva. Es war der 6. September 1913, an dem Kafka sich auf den Weg zunächst nach Wien und dann
weiter nach Riva gemacht hatte. Die ausgehenden Sommermonate verbringt der Erzähler unweit Verona in einem Hotel
oberhalb von Bruneck, man hört und sieht nichts von ihm, offenbar ist er
weitestgehend mit seinen Aufzeichnungen beschäftigt, welche es im einzelnen
sind, wird nicht offenbart. Angelangt in der Ortschaft W., setzt er im
Gasthof Engelwirt die Aufzeichnungen fort, ob es sich dabei bereits um die
Schilderung seiner Kindheit in W. handelt, ist unbekannt, vom Autor heißt es,
er habe Ritorno in patria schließlich auf einer griechischen Insel
niedergeschrieben.
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