Anatomie
Es war gegen vier Uhr. Weder auf der Dorfstraße noch in den Gärten war jemand zu sehen, die Häuser machten einen abweisenden Eindruck, die Stille wurde durch nichts gestört, auch nicht von Hundegebell, wie es in ländlichen Ortschaften eher üblich ist. Nehmen wir als anderes Beispiel Tonaya in Mexiko, der Ort sollte gleich hinter dem Berg liegen, nun ist man längst über den Berg hinweg und von Tonaya ist nichts zu sehen und nichts zu hören. Immer haben die Hunde gebellt, wenn sich jemand dem Ort näherte, und nun nicht? Der Vater trägt seinen verwundeten Sohn auf der Schulter und kann den Blick kaum nach oben richten, der Sehwinkel ist unglücklich, der Sohn scheint insgesamt wahrnehmungsunfähig. Und dann war das Dorf Tonaya plötzlich da. Man sah die Dächer im Mondlicht glänzen. Dem Vater war, als breche er endgültig unter dem Gewicht des Sohns zusammen. Beim ersten Schuppen lehnte er sich an die Brüstung des Gehsteigs und lockerte den Körper. Mühsam löste er die Finger, mit denen der Sohn sich die ganze Zeit über am Hals festgehalten hatte. Und sobald der Hals frei war, hörte er plötzlich überall die Hunde bellen, por todas partes ladraban los perros, ein ganzer Chor. Anscheinend hatte zuvor der ständige Druck auf der Kehle auch den Gehörnerv beeinträchtigt. Eine endgültige Klärung wäre nur im Rahmen einer anatomischen Untersuchung möglich.
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