Sonntag, 7. April 2019

Humorlos

Forschung auf der Hut

Eine der gröbsten Fehlleistungen der Kultur- und Weltgeschichte ist die Figur des humorlosen Sebald. Vor nicht allzu langer Zeit rühmte sich ein Fachmann, der Name ist nicht mehr zur Hand, nun gerade beim Studium der posthum veröffentlichten Lyrik möglicherweise winzige Spuren von Humor, ähnlich den hellgrünen Spuren der Veroneser Erde auf den Flügeln der Engel, beim bis dato völlig und einwandfrei humorlosen Dichter entdeckt zu haben, wissenschaftlich abgesichert sei das noch nicht, viel Forschungsarbeit sei noch zu leisten. Es gilt verbreitet das Axiom, Melancholie und Humor schlössen sich aus, dabei ist das Gegenteil wahr, wie man vielerorts, eindrucksvoll etwa bei Hermann Lübbe nachlesen kann. Richtig ist vielmehr, daß melancholiefreier Humor nur quäkt und nichts wert ist. Uwe Schütte macht sich die dankenswerte Mühe, einige der wichtigsten Kabinettstückchen Sebaldschen Humors vor Augen zu führen: das Gespräch mit der türkischen Fährfrau in Kissingen, die Kafkaknaben im Bus nach Riva, der Kampf um den Cappuccino in der Ferrovia Venedig, die Fischschnitte in Lowestoft, andere noch, wiederum andere wären zu ergänzen, die philosophisch gestimmten Sandler im Bahnhof Innsbruck und vor allem anderen vielleicht Janine Dakyns‘ Papierlandschaften, die offen für den Verbund von Melancholie und Humor plädieren. Wer da nicht lachen kann, sollte es ganz seinlassen, er lachte denn zur falschen Zeit am falschen Ort.

Keine Kommentare: