Erschrecken
Der Charme der den Text begleitenden Photos in Sebalds Prosawerken liegt in ihrer schlechten Qualität, nicht immer kann man ohne Hilfe des Textes entschlüsseln, worum es sich handeln soll. In den Schwindel.Gefühlen und den Ausgewanderten sind die Photos eher klein und übersteigen jedenfalls ein gewisses Größenmaß nicht. In den Ringen des Saturn und vermehrt in Austerlitz stoßen wir auf Bilder, die eine textlose Doppelseite komplett ausfüllen. Was ist zu dieser Entwicklung zu sagen, abgesehen von der Frage, ob man sie gutheißt? Was unterscheidet die Riesenphotos von den kleinformatigen und wie kommt es zu dieser Auszeichnung durch Größe? Kann man überhaupt von Auszeichnung sprechen, wenn der Dichter doch immer wieder auf die gleiche Daseinsberechtigung von Großem und Kleinem, von Hauptdarstellern und Komparsen pocht, möglicherweise mit einer geheimen Vorliebe für die Komparsen, für Größenformate unterhalb des Normalmaßes. Ist in der Größe vielleicht eine Herabstufung, ein Hinweis auf Monsterhaftigkeit, auf eine aus den Fugen geratene Welt zu sehen? Daß es um das Monströse zumindest gehen kann, belegt das Photo auf den Seiten 354/5 Austerlitz TB. Es handelt sich um ein Standphoto aus dem Theresienstädter Film. Seite 354 ist ausgefüllt von einer der im Text erwähnten schadhaften Stellen des Films, die Seite zeigt zwei nicht näher identifizierte Männerköpfe im Profil. Das Photo auf Seite 358 belegt, daß ein kleineres Format dem Bildverständnis imgrunde entgegenkommt. Ganz anders ist es wohl mit der Doppelseite 86/87, die ein Bild aus einer walisischen Kinderbibel zeigt, in das Dafydd Elias sich intensiv vertieft hatte. Zu sehen sind neben Bergen und Wasser ein Steinbruch, winzige Figuren, die ein Lager bevölkern, Bahngleise und anderes mehr. Das große Format erlaubt dem Leser das Studium des Bildes in der gleichen Weise zu wiederholen, das Format ist insofern nützlich. Utilität ist aber keinesfalls die allgemeine Ausgangsüberlegung für das große Format, wie spätestens das Bild auf den Seiten 158/9 erweist. Der Bildinhalt besteht aus zwei Billardkugeln, einer schwarzen auf der linken und einer weißen auf der rechten Seite, auf grauem Hintergrund. Der wenig detailreiche Bildgehalt wäre bei deutlich verkleinertem Format nicht weniger gut erkennbar. Ist das Großformat in diesem Fall Aufforderung zu einer Lesepause, Einladung zu meditativer Einkehr?
Eines haben die doppelseitigen Photos gemeinsam, man erwartet sie nicht und erschrickt beim Aufblättern. Soll Erschrecken auf diesem Wege als ein von Heidegger möglicherweise vergessener (man müßte bei ihm nachschlagen) Grundbegriff der Metaphysik sinnlich erfahrbar werden? Gleichzeitig aber haben die bebilderten, textfreien Doppelseiten den Vorteil, daß man sie getrost überblättern oder gar verkleben kann, wenn des Erschreckens genug ist, wenn die Seiten zum Ärgernis werden sollten.
Der Charme der den Text begleitenden Photos in Sebalds Prosawerken liegt in ihrer schlechten Qualität, nicht immer kann man ohne Hilfe des Textes entschlüsseln, worum es sich handeln soll. In den Schwindel.Gefühlen und den Ausgewanderten sind die Photos eher klein und übersteigen jedenfalls ein gewisses Größenmaß nicht. In den Ringen des Saturn und vermehrt in Austerlitz stoßen wir auf Bilder, die eine textlose Doppelseite komplett ausfüllen. Was ist zu dieser Entwicklung zu sagen, abgesehen von der Frage, ob man sie gutheißt? Was unterscheidet die Riesenphotos von den kleinformatigen und wie kommt es zu dieser Auszeichnung durch Größe? Kann man überhaupt von Auszeichnung sprechen, wenn der Dichter doch immer wieder auf die gleiche Daseinsberechtigung von Großem und Kleinem, von Hauptdarstellern und Komparsen pocht, möglicherweise mit einer geheimen Vorliebe für die Komparsen, für Größenformate unterhalb des Normalmaßes. Ist in der Größe vielleicht eine Herabstufung, ein Hinweis auf Monsterhaftigkeit, auf eine aus den Fugen geratene Welt zu sehen? Daß es um das Monströse zumindest gehen kann, belegt das Photo auf den Seiten 354/5 Austerlitz TB. Es handelt sich um ein Standphoto aus dem Theresienstädter Film. Seite 354 ist ausgefüllt von einer der im Text erwähnten schadhaften Stellen des Films, die Seite zeigt zwei nicht näher identifizierte Männerköpfe im Profil. Das Photo auf Seite 358 belegt, daß ein kleineres Format dem Bildverständnis imgrunde entgegenkommt. Ganz anders ist es wohl mit der Doppelseite 86/87, die ein Bild aus einer walisischen Kinderbibel zeigt, in das Dafydd Elias sich intensiv vertieft hatte. Zu sehen sind neben Bergen und Wasser ein Steinbruch, winzige Figuren, die ein Lager bevölkern, Bahngleise und anderes mehr. Das große Format erlaubt dem Leser das Studium des Bildes in der gleichen Weise zu wiederholen, das Format ist insofern nützlich. Utilität ist aber keinesfalls die allgemeine Ausgangsüberlegung für das große Format, wie spätestens das Bild auf den Seiten 158/9 erweist. Der Bildinhalt besteht aus zwei Billardkugeln, einer schwarzen auf der linken und einer weißen auf der rechten Seite, auf grauem Hintergrund. Der wenig detailreiche Bildgehalt wäre bei deutlich verkleinertem Format nicht weniger gut erkennbar. Ist das Großformat in diesem Fall Aufforderung zu einer Lesepause, Einladung zu meditativer Einkehr?
Eines haben die doppelseitigen Photos gemeinsam, man erwartet sie nicht und erschrickt beim Aufblättern. Soll Erschrecken auf diesem Wege als ein von Heidegger möglicherweise vergessener (man müßte bei ihm nachschlagen) Grundbegriff der Metaphysik sinnlich erfahrbar werden? Gleichzeitig aber haben die bebilderten, textfreien Doppelseiten den Vorteil, daß man sie getrost überblättern oder gar verkleben kann, wenn des Erschreckens genug ist, wenn die Seiten zum Ärgernis werden sollten.
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