Landesverteidigung
Freilich verraten gerade unsere gewaltigsten Pläne nicht selten am deutlichsten den Grad unserer Verunsicherung: so leitet Austerlitz von der Bahnhofsarchitektur über zum Festungsbau, ein weiteres Feld, auf dem er sich als Experte erweist. Floriani, da Capri, San Micheli, Rusenstein, Burgsdorff, Coehoorn, Klengel, Montalembert, Vauban, die Meister dieser Sparte des Bauwesens sind ihm sämtlich vertraut. Der sogenannte Fortschritt im Festungsbau bestand darin, der wachsenden Reichweite der Geschosse eine immer großzügiger Weite der um die Städte gelegte Festungsanlagen entgegenzuhalten. Der um Antwerpen gelegte Ring hatte schließlich eine Länge von mehr als dreißig Meilen, und die gesamte belgische Armee hätte nicht gereicht, auch nur die um diese eine belgische Stadt gelegten Wehrgänge zu besetzen. Das dem Mittelalter entwachsene Festungswesen war an seine Grenze gelangt und nutzlos geworden.
In Antwerpen, in den frühen sechziger Jahren, konnte der Erzähler sich auf die sachkundigen Ausführungen des Architektur- wissenschaftlers Austerlitz verlassen, zwanzig Jahre später muß er sich, auf seinen englischen Wanderungen in Orford angelangt, selbst ein Bild der Lage entwerfen. Die Festung von Orford war 1165 fertiggestellt worden und blieb, so vergewissert er sich, in der ruhenden Zeit des Mittelalters das wichtigste Bollwerk gegen drohende Invasionen. Erst als das Eindringen des napoleonischen Heeres drohte, wurden ergänzende Verteidigungsbauten in Gestalt der sogenannten, später dann von James Joyce geadelten Martello-Türme errichtet, die sich aber, soweit bekannt, im Südosten Englands nie gegen vordringende Feinde bewähren mußten und bald schon den Eulen als Quartier dienten, ein alles in allem versöhnliches Ende. Die Landesverteidigung setzte herkömmlich auf ein abschreckendes Aufragen in die Höhe, das nahm spätestens mit dem Aufkommen bemannter Flugmaschinen ein Ende. Festungsanlagen der herkömmlichen Art sind seither nur noch Denkmal und Zierat. Das zu Beginn der vierziger Jahre nahe Orford eingerichtete Secret Weapons Research Establishment suchte denn auch nicht die Höhe, sondern die Verborgenheit. Offensichtlich war die Einrichtung nicht vordringlich auf den Schutz des lokalen Küsten- streifens ausgerichtet, Forschungs- und Entwicklungsgegenstände waren etwa biologische Waffen zur Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche und weit ins Meer hinausreichende Rohrleitungssysteme zur Entfachung intensiver Petroleumbrände. Die Erfolge oder Mißerfolge der geheimen Forschungsaktivitäten sind in Einzelnen nicht näher bekannt, gerüchteweise soll es zu schweren Unfällen mit vielen Toten gekommen sein. Inzwischen ist die militärische Forschungseinrichtung längst aufgelassen. Die überirdischen Bauruinen haben seltsamerweise zum Teil eine tempel- oder pagodenartige Gestalt, als würden sie das Profane transzendieren, alles in allem ein zwiespältiges Nachleben.
Freilich verraten gerade unsere gewaltigsten Pläne nicht selten am deutlichsten den Grad unserer Verunsicherung: so leitet Austerlitz von der Bahnhofsarchitektur über zum Festungsbau, ein weiteres Feld, auf dem er sich als Experte erweist. Floriani, da Capri, San Micheli, Rusenstein, Burgsdorff, Coehoorn, Klengel, Montalembert, Vauban, die Meister dieser Sparte des Bauwesens sind ihm sämtlich vertraut. Der sogenannte Fortschritt im Festungsbau bestand darin, der wachsenden Reichweite der Geschosse eine immer großzügiger Weite der um die Städte gelegte Festungsanlagen entgegenzuhalten. Der um Antwerpen gelegte Ring hatte schließlich eine Länge von mehr als dreißig Meilen, und die gesamte belgische Armee hätte nicht gereicht, auch nur die um diese eine belgische Stadt gelegten Wehrgänge zu besetzen. Das dem Mittelalter entwachsene Festungswesen war an seine Grenze gelangt und nutzlos geworden.
In Antwerpen, in den frühen sechziger Jahren, konnte der Erzähler sich auf die sachkundigen Ausführungen des Architektur- wissenschaftlers Austerlitz verlassen, zwanzig Jahre später muß er sich, auf seinen englischen Wanderungen in Orford angelangt, selbst ein Bild der Lage entwerfen. Die Festung von Orford war 1165 fertiggestellt worden und blieb, so vergewissert er sich, in der ruhenden Zeit des Mittelalters das wichtigste Bollwerk gegen drohende Invasionen. Erst als das Eindringen des napoleonischen Heeres drohte, wurden ergänzende Verteidigungsbauten in Gestalt der sogenannten, später dann von James Joyce geadelten Martello-Türme errichtet, die sich aber, soweit bekannt, im Südosten Englands nie gegen vordringende Feinde bewähren mußten und bald schon den Eulen als Quartier dienten, ein alles in allem versöhnliches Ende. Die Landesverteidigung setzte herkömmlich auf ein abschreckendes Aufragen in die Höhe, das nahm spätestens mit dem Aufkommen bemannter Flugmaschinen ein Ende. Festungsanlagen der herkömmlichen Art sind seither nur noch Denkmal und Zierat. Das zu Beginn der vierziger Jahre nahe Orford eingerichtete Secret Weapons Research Establishment suchte denn auch nicht die Höhe, sondern die Verborgenheit. Offensichtlich war die Einrichtung nicht vordringlich auf den Schutz des lokalen Küsten- streifens ausgerichtet, Forschungs- und Entwicklungsgegenstände waren etwa biologische Waffen zur Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche und weit ins Meer hinausreichende Rohrleitungssysteme zur Entfachung intensiver Petroleumbrände. Die Erfolge oder Mißerfolge der geheimen Forschungsaktivitäten sind in Einzelnen nicht näher bekannt, gerüchteweise soll es zu schweren Unfällen mit vielen Toten gekommen sein. Inzwischen ist die militärische Forschungseinrichtung längst aufgelassen. Die überirdischen Bauruinen haben seltsamerweise zum Teil eine tempel- oder pagodenartige Gestalt, als würden sie das Profane transzendieren, alles in allem ein zwiespältiges Nachleben.
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