Freitag, 1. April 2016

Marschland

Gemalte Augen

W wiatry wplątane czarne ich ręce

Es ist, als warte das Marschland auf den Dichter, daß er sich seiner erbarme. Nichts ist hier zu sehen als ab und zu ein einsames Flurwächterhaus, als Gras und wogendes Schilf, ein paar niedergesunkene Weidenbäume und zerfallende, wie Mahnmale einer zugrundegegangenen Zivilisation sich ausnehmende Ziegelkegel, die Überreste der ungezählten Windmühlen, deren weiße Segel sich gedreht haben über den Marschwiesen und überall hinter der Küste. Wir können uns kaum mehr denken, sagte einer, dessen Kindheit zurückreichte bis in die Windmühlenzeit, daß einst in der Landschaft eine jede Windmühle gewesen ist wie ein Glanzlicht in einem gemalten Auge. Als diese Glanzlichter verblaßten, verblaßte mit ihnen gewissermaßen die ganze Gegend.

Nach Einschätzung Ciorans hätte der Mensch nie über den Status des Hirten hinauswachsen dürfen und der Herr selbst scheint ursprünglich diese Meinung geteilt zu haben, als er die Opfergabe des Hirten Abel würdigte und die des Ackerbauern Kain verwarf. Als Kain dann die Angelegenheit resolut in die Hand nahm, hat der Herr eingelenkt. Austerlitz wäre wohl bereit gewesen, neben Flurwächterhäusern auch die im Umkreis des Ackerbaus entstandenen Windmühlen in die Liste der Bauwerke aufzunehmen, die wenigstens einen Abglanz des Friedens uns versprechen. Kann man vermuten, auch der Herr habe sich nach der mehr oder weniger erzwungenen Billigung des Ackerbaus nicht weiterbewegt und alle weitere Entwicklung sei illegitim? Dann wären sich der Philosoph, der Dichter und der Herr in dieser Angelegenheit weitgehend einig.

Wenn Flurwächterhäuschen und Windmühle, ausgedrückt in der alten Sprache, gottgefällige Bauten sind, so ist Morton Petos Palast reines Teufelswerk, und weil der Teufel nie aus der Welt und immer in uns ist, können wir uns dem verführerische Reiz nicht verschließen. Mit einer uns sehr nahen Person haben wir den Campanile des Märchenschlosses bestiegen und stehen, gestreift von dem lautlosen Flügel eines soeben vorbeigleitenden Nachtvogels auf der obersten Galerie. Weit draußen im Park treiben die Schatten der libanesischen Zedern, und jenseits der äußersten Einfriedung dehnt sich das Marschland aus und schlagen die Segel der Mühlen im Wind.

Die Mühle waren wie Glanzlichter in einem gemalten Auge - dieser Vergleich gibt zweifellos zu denken. Gibt man ein paar Tropfen einer aus dem Nachtschattengewächs Belladonna destillierten Flüssigkeit auf die Netzhaut eines lebenden Auges, so erstrahlt es in einem quasi übernatürlichen Glanz, kann aber so gut wie gar nichts mehr wahrnehmen. Es ist ein Auge wie gemalt, zum Betrachten und nicht zum Sehen. Jetzt stehen die Windmühlen ohnehin ganz und gar blicklos da wie Mahnmale einer untergegangenen Kultur. Die Leute Kains haben sich wieder auf den Weg gemacht, und die letzten Überreste des wandernden Volkes haben sich am äußersten Rand der Erde niedergelassen. Sie geben vor, nunmehr vom Fischfang zu leben, schauen in Wirklichkeit aber von ihren Angelplätzen nur mit erloschenen Augen hinaus auf die See. - Das ist einiges von dem, was sich bei nähere Betrachtung im Marschland tut.

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