Samstag, 6. April 2019

Ratschluß

Weltvernunft


Das Gesicht aufwärts gekehrt, dorthin, wo die himmlischen Heerscharen durch die Luft fahren und uns, wenn wir hinsehen wollen, einen Begriff geben von dem, was sich über unseren Köpfen vollzieht: Tiepolo hatte schon den Hauch der neuen Zeit gespürt. Zur alten Zeit, der Zeit der Christenheit, also vom vierten bis zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, war das wichtigste Philosophem dasjenige von Gottes unergründlichem Ratschluß, nach Blumenbergs unwidersprochener Auslegung unergründlich auch für Gott selbst. Im Rahmen der sogenannten Aufklärung besann man sich auf die alte griechische Hoffnung, die Vernunft der Welt verlaufe alles in allem der des Menschen parallel. Kant versuchte, auf die Bremse zu treten, das Ding an sich immerhin bliebe der Vernunft und uns verschlossen, aber darüber brauste Hegels Weltgeist mit Furor hinweg, ebenso wie seine Nachfolgerin, die von Marx materiell neu eingekleidete Weltvernunft. Wittgenstein hat dann die als intransparent gesehene Sprache zwischen uns und die Welt gelegt, vergleichsweise einfach wäre es, der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zu zeigen. Luhmanns flehentlicher Ruf schließlich: Nie wieder Vernunft! - ist erklungen und verhallt, man will ihn nicht hören.


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