Freitag, 4. November 2022

Gläubig

 Gestaltlos

Einerseits verabscheut Bereyter die, wie er sagt, katholische Salbaderei, andererseits gilt er seit langer Zeit als gottgläubig. Seine Gottgläubigkeit könnte ein Gerücht ohne jedweden realen Hintergrund sein, aber das ist eher unwahrscheinlich, irgendetwas muß das Gerücht schließlich ausgelöst haben. Daß er allein den Katholizismus verabscheut und sich als Protestant oder bei anderen Formaten des Christentums wohlgefühlt hätte, ist ebenso unwahrscheinlich. Auch ein Wechsel zum Islam kommt ernsthaft nicht Betracht, anders als Cassius Clay oder Cat Stevens hat Bereyter seinen Geburtsnamen nicht erneuert. Auch die Annahme er habe sich in den durchaus interessanten Schöpfungsmythos der Navajoindianer vertieft, wäre abwegig. Seine freie Zeit verbringt Bereyter keineswegs auf gottesdienstlichem Gelände, sondern vorzüglich beim Schachspiel mit dem  Schuhmacher Colo, der allgemein als ein atheistischer Philosoph galt. Wo blieb da ein Terrain für Bereyters geheimnisvollen Glauben? Die Situation ist nicht mehr die gleiche wie vor tausend Jahren, die Entwicklung der Welt, die evolutionären Schübe sind inzwischen bekannt, aber was steht dahinter, wer oder was leitet sie? Parallel zum Wissen hat sich auch das Unwissen weiter aufgebläht, Fragen ohne Aussicht auf Antwort aber erzeugen Hilflosigkeit, die wiederum provoziert als Rettung einen Glauben unbestimmter Art. Ein gestaltloser Glaube, wie man ihn bei Bereyter vermuten kann, ist längst nicht jedermanns Sache. Man kann den verborgenen Gott weder anbeten noch auch nur um Regen oder Sonnenschein bitten, das obliegt inzwischen dem Wissen der Meteorologen.

Keine Kommentare: