Gebrochener Flügel
Die Stellung der Taube ist ambivalent, auf der einen Seite ist sie das Transportvehikel des Heiligen Geistes und des Friedens obendrein, auf der anderen Seite ist sie in vielen Gegenden zur Landplage geworden. Alles Schlechte aber, was man über die Taube denken mag, ist verweht, wenn die ersten Zeilen nur des Gedichts über die verirrte Taube aufgerufen werden:
Jede Zeile nimmt den Atem, bereitet ein wohliges Entsetzen. Es ist nicht eine einfache Kursabweichung, fünf Grad Nordnordost, die korrigiert werden könnte, die Taube fliegt aus unerfindlichen Gründen in die genaue Gegenrichtung. Se equivocó, se equivocaba, mehr weiß man nicht, und die Bestätigung der Täuschung in einer zweiten Tempusformen läßt die Lage als unabänderlich erscheinen, als niemals gutzumachen, so als sei die Taube dem Fehlläuten einer Nachtglocke gefolgt. Was wollte sie im Norden, warum und von wo aus hatte sie die Flugreise angetreten, was ist die Ursache dieser massiven Fehlorientierung, wie konnte es zu dieser Täuschung, dieser Selbsttäuschung kommen? Hatte sie auf ihrem vermeintlichen Flug nach Norden schon bald mit einem See oder einem anderen Gewässer als Orientierungsmal gerechnet und hält nun, da sie nach Süden fliegt, zur Aufrechterhaltung der Selbsttäuschung das Kornfeld für ein Gewässer, oder hat sie einfach Durst oder aber Hunger? Eins nur sie sicher, sie hat sich getäuscht. Hatte sie ihre Heimat im Norden und war im Süden ausgesetzt worden, um dann, anstatt zurückzukehren, erfaßt von einer unerklärlichen Verwirrung weiter noch nach Süden zu fliegen? Einiges spricht dafür, daß es sich bei der Verirrten um Tilly, die schneeweiße unter den drei Brieftauben gehandelt hat, Tilly, die gegen Ende des Sommers weit über die Zeit ausgeblieben war, nachdem sie nur ein paar Meilen südlich, talaufwärts auf einen Probeflug geschickt worden war. Se equivocó la paloma, se equivocaba. Als man die Hoffnung bereitshatte aufgeben wollen, war sie endlich zurückgekommen, zu Fuß über die Kiesbahn der Einfahrt herauf, mit einem gebrochenen Flügel. Gerald Fitzpatrick mag Alberti die Geschichte erzählt haben, sicher ist das alles aber nicht und wer will auch schon, daß das Rätsel der verirrten Taube restlos gelöst wird. So oder so vermag niemand zu sagen, wie weit Tilly - die womöglich den Frieden bringen wollte im Norden und im Süden und den heiligen Geist in alle Himmelsrichtungen tragen, zweifellos eine die Sinne trübende Überforderung - wie weit also sie in die falsche Richtung geflogen und warum und wann sie schließlich doch umgekehrt war und wo und auf welche Weise sie sich den Flügel gebrochen hatte.
Die Stellung der Taube ist ambivalent, auf der einen Seite ist sie das Transportvehikel des Heiligen Geistes und des Friedens obendrein, auf der anderen Seite ist sie in vielen Gegenden zur Landplage geworden. Alles Schlechte aber, was man über die Taube denken mag, ist verweht, wenn die ersten Zeilen nur des Gedichts über die verirrte Taube aufgerufen werden:
Se equivocó la paloma,
se equivocaba.
Por ir al norte fue al sur,
creyó que el trigo era el agua,
se equivocaba.
Die Taube täuschte sich,
sie hat sich getäuscht.
Um nach Norden zu kommen flog sie nach Süden,
das Korn hielt sie für Wasser,
sie hat sich getäuscht.
se equivocaba.
Por ir al norte fue al sur,
creyó que el trigo era el agua,
se equivocaba.
Die Taube täuschte sich,
sie hat sich getäuscht.
Um nach Norden zu kommen flog sie nach Süden,
das Korn hielt sie für Wasser,
sie hat sich getäuscht.
Jede Zeile nimmt den Atem, bereitet ein wohliges Entsetzen. Es ist nicht eine einfache Kursabweichung, fünf Grad Nordnordost, die korrigiert werden könnte, die Taube fliegt aus unerfindlichen Gründen in die genaue Gegenrichtung. Se equivocó, se equivocaba, mehr weiß man nicht, und die Bestätigung der Täuschung in einer zweiten Tempusformen läßt die Lage als unabänderlich erscheinen, als niemals gutzumachen, so als sei die Taube dem Fehlläuten einer Nachtglocke gefolgt. Was wollte sie im Norden, warum und von wo aus hatte sie die Flugreise angetreten, was ist die Ursache dieser massiven Fehlorientierung, wie konnte es zu dieser Täuschung, dieser Selbsttäuschung kommen? Hatte sie auf ihrem vermeintlichen Flug nach Norden schon bald mit einem See oder einem anderen Gewässer als Orientierungsmal gerechnet und hält nun, da sie nach Süden fliegt, zur Aufrechterhaltung der Selbsttäuschung das Kornfeld für ein Gewässer, oder hat sie einfach Durst oder aber Hunger? Eins nur sie sicher, sie hat sich getäuscht. Hatte sie ihre Heimat im Norden und war im Süden ausgesetzt worden, um dann, anstatt zurückzukehren, erfaßt von einer unerklärlichen Verwirrung weiter noch nach Süden zu fliegen? Einiges spricht dafür, daß es sich bei der Verirrten um Tilly, die schneeweiße unter den drei Brieftauben gehandelt hat, Tilly, die gegen Ende des Sommers weit über die Zeit ausgeblieben war, nachdem sie nur ein paar Meilen südlich, talaufwärts auf einen Probeflug geschickt worden war. Se equivocó la paloma, se equivocaba. Als man die Hoffnung bereitshatte aufgeben wollen, war sie endlich zurückgekommen, zu Fuß über die Kiesbahn der Einfahrt herauf, mit einem gebrochenen Flügel. Gerald Fitzpatrick mag Alberti die Geschichte erzählt haben, sicher ist das alles aber nicht und wer will auch schon, daß das Rätsel der verirrten Taube restlos gelöst wird. So oder so vermag niemand zu sagen, wie weit Tilly - die womöglich den Frieden bringen wollte im Norden und im Süden und den heiligen Geist in alle Himmelsrichtungen tragen, zweifellos eine die Sinne trübende Überforderung - wie weit also sie in die falsche Richtung geflogen und warum und wann sie schließlich doch umgekehrt war und wo und auf welche Weise sie sich den Flügel gebrochen hatte.
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