Chevalier de Seingalt
Zweimal läuft Casanova uns über den Weg, ein schiefes Bild, denn beide Mal ist er am Laufen gehindert. Wenn die Schwindel.Gefühle nach der Erläuterung des Autors ein Buch über die Liebe sind, kann Casanova als der führende Vertreter der sportlich-athletischen Variante auf diesem weithin geschätzten, wenn auch nicht immer komplikationsfreien psychosomatischen Betätigungsfeld nicht fehlen. Auch Stendhal, so sehr er sich müht, fällt ihm gegenüber deutlich ab. Für den Augenblick ist der Held allerdings vom Spielfeld genommen und sitzt ein in den Bleikammern des Dogenpalastes. Die Decke des Gefängnisses ist so niedrig, daß er darin nicht stehen kann. Es herrscht eine furchterregende Hitze, nicht einfach, unter diesen Bedingungen die körperliche Kondition und die geistige Beweglichkeit zunächst für einen erfolgreichen Ausbruchversuch und für alles andere dann später zu bewahren. Mithilfe des Orlando Furioso und einer schwindelerregenden Zahlenakrobatik gelingt es ihm, den richtigen Tag für das Unternehmen zu bestimmen und den Palast sowohl wie die Stadt Venedig zu verlassen. Ob der Chevalier in seiner Spezialdisziplin dann wieder zur alten Größe zurückgefunden hat, darüber läßt der Dichter nichts verlauten.
Als wir ihn Jahrzehnte später erneut treffen, und zwar im böhmischen Dux, ist seine Hochleistungskarriere jedenfalls längst abgeschlossen. Der gealterte Roué ist auf die Größe eines Kindes geschrumpft. Auf dem Schloß des Grafen Waldsteins ist er rastlos beschäftigt mit der Niederschrift seiner Memoiren, zahlreicher mathematischer und esoterischer Traktate sowie eines fünfteiligen Zukunftsromans. Die Puderperücke hat er abgelegt, und sein eigenes schütteres Haar schwebt gleichsam als Zeichen der Auflösung seiner Körperlichkeit wie ein kleines weißes Wölkchen über seinem Haupt. Die linke Schulter ein wenig hochgezogen, schreibt er ununterbrochen fort, man hört nichts als das Kratzen der Feder.
In den Ringen des Saturn finden wir uns unversehens nach China versetzt, dann wieder nach Afrika oder auch nach Amerika, in den Schwindel.Gefühlen werden nur Motive aufgegriffen, die am Wegrand liegen. Für einen Italienreisenden liegt Dux in Böhmen nicht am Wegrand, niemand aber ist gehindert, die in Austerlitz erzählte Episode auch bei der Lektüre der Schwindel.Gefühle im Sinn zu haben. Zum einen ist es die entfernte Fortsetzung der Episode in den Bleikammern des Dogenpalastes, andererseits radikalisiert der Chevalier einen Wandel, der auch bei den anderen drei Autoren zu beobachten ist. Stendhal schildert eine Reise an den Gardasee in Begleitung der imaginären Mme Gherardi, der Umgang mit erdachten Damen ist oft leichter als der mit realen, jedenfalls stören sie kaum beim Schreiben. Kafka ist letztlich froh, als sie Schweizerin aus Genua abreist, nun kann er sich literarisch mit dem Schicksal des Jägers Gracchus beschäftigen. Dem Dichter begegnen auf seiner zweiten Italienreise ständig bezaubernde Frauengestalten, auf allen Stationen der Reise aber sehen wir ihn gebeugt über seine Schreibkladde.
Zweimal läuft Casanova uns über den Weg, ein schiefes Bild, denn beide Mal ist er am Laufen gehindert. Wenn die Schwindel.Gefühle nach der Erläuterung des Autors ein Buch über die Liebe sind, kann Casanova als der führende Vertreter der sportlich-athletischen Variante auf diesem weithin geschätzten, wenn auch nicht immer komplikationsfreien psychosomatischen Betätigungsfeld nicht fehlen. Auch Stendhal, so sehr er sich müht, fällt ihm gegenüber deutlich ab. Für den Augenblick ist der Held allerdings vom Spielfeld genommen und sitzt ein in den Bleikammern des Dogenpalastes. Die Decke des Gefängnisses ist so niedrig, daß er darin nicht stehen kann. Es herrscht eine furchterregende Hitze, nicht einfach, unter diesen Bedingungen die körperliche Kondition und die geistige Beweglichkeit zunächst für einen erfolgreichen Ausbruchversuch und für alles andere dann später zu bewahren. Mithilfe des Orlando Furioso und einer schwindelerregenden Zahlenakrobatik gelingt es ihm, den richtigen Tag für das Unternehmen zu bestimmen und den Palast sowohl wie die Stadt Venedig zu verlassen. Ob der Chevalier in seiner Spezialdisziplin dann wieder zur alten Größe zurückgefunden hat, darüber läßt der Dichter nichts verlauten.
Als wir ihn Jahrzehnte später erneut treffen, und zwar im böhmischen Dux, ist seine Hochleistungskarriere jedenfalls längst abgeschlossen. Der gealterte Roué ist auf die Größe eines Kindes geschrumpft. Auf dem Schloß des Grafen Waldsteins ist er rastlos beschäftigt mit der Niederschrift seiner Memoiren, zahlreicher mathematischer und esoterischer Traktate sowie eines fünfteiligen Zukunftsromans. Die Puderperücke hat er abgelegt, und sein eigenes schütteres Haar schwebt gleichsam als Zeichen der Auflösung seiner Körperlichkeit wie ein kleines weißes Wölkchen über seinem Haupt. Die linke Schulter ein wenig hochgezogen, schreibt er ununterbrochen fort, man hört nichts als das Kratzen der Feder.
In den Ringen des Saturn finden wir uns unversehens nach China versetzt, dann wieder nach Afrika oder auch nach Amerika, in den Schwindel.Gefühlen werden nur Motive aufgegriffen, die am Wegrand liegen. Für einen Italienreisenden liegt Dux in Böhmen nicht am Wegrand, niemand aber ist gehindert, die in Austerlitz erzählte Episode auch bei der Lektüre der Schwindel.Gefühle im Sinn zu haben. Zum einen ist es die entfernte Fortsetzung der Episode in den Bleikammern des Dogenpalastes, andererseits radikalisiert der Chevalier einen Wandel, der auch bei den anderen drei Autoren zu beobachten ist. Stendhal schildert eine Reise an den Gardasee in Begleitung der imaginären Mme Gherardi, der Umgang mit erdachten Damen ist oft leichter als der mit realen, jedenfalls stören sie kaum beim Schreiben. Kafka ist letztlich froh, als sie Schweizerin aus Genua abreist, nun kann er sich literarisch mit dem Schicksal des Jägers Gracchus beschäftigen. Dem Dichter begegnen auf seiner zweiten Italienreise ständig bezaubernde Frauengestalten, auf allen Stationen der Reise aber sehen wir ihn gebeugt über seine Schreibkladde.
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