Wir lernen Adroddwr, den Erzähler, 1980 bei seiner ersten Italienreise kennen, ein Mitdreißiger, wenn man ein dem des Autors ähnliches Geburtsdatum annimmt. Er ist nicht im Normalzustand, seine Zugehörigkeit zur gutbürgerlichen Gesellschaft allenfalls verschwommen erkennbar. In Wien, der ersten Station der Reise, hat er keinen Menschen, mit dem er sprechen kann, für ein Gespräch ist er auf Dohlen und Amseln angewiesen. Bedrohliches erhebt sich diffus im Hintergrund, zwei Augenpaare, die sich, so nimmt er es wahr, nicht wohlmeinend immer wieder auf ihn richten. Sieben Jahre später, bei der zweiten Italienreise, hat er das vierzigste Lebensjahr bereits überschritten. Diesmal ist ein Übermaß an Menschen in Gestalt des Ferienvolks das Hindernis, gleich nach der Ankunft, noch in der Bahnhofshalle, stößt er auf ein wahres Heer von Touristen in ihren Schlafsäcken auf Strohmatten oder auf dem nackten Steinboden. In Limone ist noch um Mitternacht das ganze Ferienvolk paar- und familienweise unterwegs, eine einzige buntfarbene Menschenmasse schiebt sich wie eine Art Zug oder Prozession durch die engen Gassen des zwischen den See und die Felswand eingezwängten Orts. Tagsüber sieht es besser aus, Luciana Michelottis Gäste vergnügen sich auf der Terrasse, nur Adroddwr sitzt und schreibt in der Gaststube, ab und zu blickt er hinüber zu Luciana, die an der Theke wirtschaftet. In den Ringen des Saturn, Adroddwr hat nahezu die fünfzig erreicht, sind seine Gastfreunde in idealer Weise sortiert, der Richter Farrar, der Dichter Michael Hamburger, seine Frau Anne, der Zuckerexperte de Jong, der Tempelmodellbauer Alec Garrard, einer nach dem anderen, der Reihe nach. In Ritorna in patria werden Blicke auf diverse Ereignisse aus der Kindheit des Erzählers geworfen. Im zweiundzwanzigsten Lebensjahr, also bereits volljährig, trifft er mit dem Flugzeug in Manchester ein, aus seiner Jugendzeit im engeren Sinn erfahren wir so gut wie nichts, nur daß er zwischen dem sechzehnten und siebzehnten Lebensjahr versuchte, die Geistes- und Körperhaltung eines Hemingway-Helden an sich auszubilden versuchte, ein Projekt, das allerdings von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Mit dem Haus, das Clara unversehens kauft, ist die Jugendzeit dann gültig abgeschlossen.
Bei Modiano lernen wir, daß Adroddwr, abgesehen von dem Nachklang in Manchester, die einerseits entscheidenden, andererseits gefährlichen Jahre der Persönlichkeitsbildung ausgelassen hat. Die Jahre vor der Volljährigkeit sind der Abschnitt, in dem die meisten Romane Modianos ihr Spielfeld haben. Der Protagonist ist nicht volljährig, täuscht aber mit verfälschten Papieren Volljährigkeit vor. Er trifft ein Mädchen, eine junge Frau, die einige Jahre älter und erheblich lebenserfahrener ist als er, sie bewegt sich, wie viele Figuren Modianos, in einem Nebel von Verbrechen und Ausnutzung, in Gesellschaft von Schiebern, Spielern, Kriminellen, einer korrupten, scheinbar unwirklichen Gesellschaft, vermutlich das wahre Leben, aber es kann auch ganz anders ausgehen. Den jungen Mann interessiert das alles nicht, er und das Mädchen sind für einige Zeit wie Märchenkinder ohne Eltern, Jeannot et Margot. Gisèle (Un cirque passe) kommt dann aber bei einem Autounfall ums Leben, Jaqueline (Du plus loin de l‘oubli) ist plötzlich verschwunden, verheiratet mit einem anderen, wie sich fünfzehn Jahre später zeigt. Odile (Une jeunesse) ist gerade fünfunddreißig Jahre alt geworden, als wir sie kennenlernen, sie ist mit Louis ihrem Jugendfreund verheiratet und hat zwei Kinder. Die Mühen und Gefahren der Jugend sind so gut wie vergessen. Wenn man den Autor, Modiano, selbst als einen seiner Protagonisten betrachtet, so hat er im Alter von fünfundzwanzig Jahren seine Jugend endgültig abgeschlossen, indem er eines der Mädchen aus seinen Büchern, neunzehn Jahre alt und ohne erkennbare zwielichte Momente, geheiratet hat. Und weil sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute.
Bei Modiano lernen wir, daß Adroddwr, abgesehen von dem Nachklang in Manchester, die einerseits entscheidenden, andererseits gefährlichen Jahre der Persönlichkeitsbildung ausgelassen hat. Die Jahre vor der Volljährigkeit sind der Abschnitt, in dem die meisten Romane Modianos ihr Spielfeld haben. Der Protagonist ist nicht volljährig, täuscht aber mit verfälschten Papieren Volljährigkeit vor. Er trifft ein Mädchen, eine junge Frau, die einige Jahre älter und erheblich lebenserfahrener ist als er, sie bewegt sich, wie viele Figuren Modianos, in einem Nebel von Verbrechen und Ausnutzung, in Gesellschaft von Schiebern, Spielern, Kriminellen, einer korrupten, scheinbar unwirklichen Gesellschaft, vermutlich das wahre Leben, aber es kann auch ganz anders ausgehen. Den jungen Mann interessiert das alles nicht, er und das Mädchen sind für einige Zeit wie Märchenkinder ohne Eltern, Jeannot et Margot. Gisèle (Un cirque passe) kommt dann aber bei einem Autounfall ums Leben, Jaqueline (Du plus loin de l‘oubli) ist plötzlich verschwunden, verheiratet mit einem anderen, wie sich fünfzehn Jahre später zeigt. Odile (Une jeunesse) ist gerade fünfunddreißig Jahre alt geworden, als wir sie kennenlernen, sie ist mit Louis ihrem Jugendfreund verheiratet und hat zwei Kinder. Die Mühen und Gefahren der Jugend sind so gut wie vergessen. Wenn man den Autor, Modiano, selbst als einen seiner Protagonisten betrachtet, so hat er im Alter von fünfundzwanzig Jahren seine Jugend endgültig abgeschlossen, indem er eines der Mädchen aus seinen Büchern, neunzehn Jahre alt und ohne erkennbare zwielichte Momente, geheiratet hat. Und weil sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute.
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