devant de la filera de rellotges
que marcaven h'horari de les ciutats del món.
Oh sans cette affreuse bougeotte que j'ai toujours eue
j'aurais vécu ma vie enfermé dans uns grande
pièce vide à échos, avec une grande pendule
ancienne, rien à écouter et à somnoler, lecoffre ouvert pour que je puisse voir le balancier,suivant des yeux son va-et-vient, et les poids de plomb
pendillant et plus en plus bas jusqu'à ce que jeme lève de ma bergère et les remonte, une fois par semaine.
Wir ziehen weiter an kleinen Fäden, um herauszufinden, ob das Gewebe irgendwo Schwachstellen aufweist. Mit dem Thema der Uhr halten wir uns allerdings nicht durchweg in Randbereichen der Textur, insbesondere im Austerlitzbuch können wir die Fäden hin bis zu den dichten Verknotungen der Erzählung verfolgen. Das Hauptstück des Buffetsaals des Antwerpener Bahnhofs war eine mächtige Uhr, an deren einst vergoldeten, jetzt aber vom Eisenbahnruß und Tabaksqualm eingeschwärzten Zifferblatt der circa sechs Fuß messende Zeiger in seiner Rund ging. Es dauerte unendlich lang, bis wieder eine Minute verstrichen war, und wie schrecklich jedes Mal, trotzdem doch erwartet, das Vorrücken dieses, einem Richtschwert gleichenden Zeigers schien, wenn er das nächste Sechzigstel einer Stunde von der Zukunft abtrennte mit einem derart bedrohlichen Nachzittern, daß einem beinahe das Herz aussetzte dabei (AUS 16f). Der Bergbau, die Industrie, der Verkehr, der Handel und das Kapital: und unter all diesen Symbolbildern stehe an höchster Stelle die durch Zeiger und Zifferblatt vertretene Zeit (AUS 21).
Im weiteren Verlauf des Buches besuchen die beiden Wanderer in der Zeitmetropole London Greenwich, das Zentrum der Weltzeit. Stundenlang studieren sie im königlichen Observatorium, jeder für sich, die in den Vitrinen ausgestellten kunstreichen Beobachtungs- und Meßgeräte, Quadranten und Sextanten, Chronometer und Regulatoren. Austerlitz, so wird betont, hat nie eine Uhr bei sich. Die Zeit, so sagte Austerlitz in der Sternenkammer von Greenwich, sei von allen unseren Erfindungen die weitaus künstlichste. Tatsächlich habe er nie eine Uhr besessen, weder einen Regulator, noch einen Wecker, noch eine Taschenuhr, und eine Armbanduhr schon gar nicht (AUS 148 ff). – Wir wollen uns aber nicht länger an diesem zentralen Ort aufhalten, an dem eine wahre Zeittheorie in ihrer Verbindung zu Erinnerungsstrukturen und dem Verhältnis von Lebenden und Toten entwickelt wird. Auch halten wir uns vor Augen, daß die Uhr das Gerät der kleinen Zeiteinheiten ist. Eine Sebaldsche Erzählung beginnt üblicherweise mit einer Jahres- und Monatsangabe und der folgende Text ist häufig von Angaben dieser Art geradezu perforiert. Von diesen höheren Ebene der Zeiteinheiten halten wir uns weitgehend fern.
Uns soll es also um die kleinformatige Durchsetzung der Texte mit dem Uhrenmotiv gehen. Dabei läßt sich bereits die Erwartung formulieren, daß die Uhr angesichts ihrer unterstellten Herrschaft über die Welt einerseits ständig vorhanden, andererseits angesichts des falschen und üblen Charakters dieser Herrschaft aber auch ständig unterdrückt bleibt in den Texten, die untergründig ein Bild der richtigen Welt suggerieren wollen.
Die Erzählung Max Aurach scheint Erwartungen dieser Art in besonderem Maße zu bestätigen. Ziemlich zu Anfang tritt eine äußerst auffällige Uhr in Erscheinung, die sogenannte teas-maid, Weckeruhr und Teemaschine zugleich. Anhand eines Photos können wir uns ein Bild machen von diesem Miniaturkraftwerk. Eingelassen in die Gesamtapparatur ist der Uhr trotz ihrer beängstigender Größe nicht nur jeder Schrecken genommen, das Zifferblatt phosphoresziert nachts in einem vertrauten Lindgrün, wie es schon in der Kindheit immer ein unerklärliches Gefühl des Behütetseins hervorgerufen hatte, und das ebenso dienstfertige wie absonderliche Gerät ist es womöglich gewesen, das durch sein nächtliches Leuchten, sein leises Sprudeln am Morgen und durch sein bloßes Dastehen untertags den Neuankömmling in Manchester am Leben festhalten ließ (AW 227f). Nach diesem denkwürdigen Auftritt verschwinden die Zeitmesser für lange Zeit von der Erzählbühne. Als es aber um die Einwandererstadt Manchester und die zugewanderten Menschen geht, werden nach einigen übergreifenden Berufsgruppen, wie Handwerker und Händler die Vertreter von zwanzig konkreten Berufen aufgezählt wie Kappenmacher, Buchbinder oder Silberschmiede, an erster Stelle aber die Uhrmacher; nicht unbedingt eine bewußte Setzung des Autors, sicher aber auch kein Zufall (AW 286).
Bei aller Absicht, uns im dichten Geflecht der Textur nicht zu verlieren, dürfen wir doch das Phänomen der versteckten oder natürlichen Uhren nicht übergehen. Ein besonders schönes Exemplar finden wir in Gestalt der Hirschkäfer. Manchmal fährt in scheinbar ein Schreck in die Glieder. Sie haben eine Art Ohnmachtsanfall. Reglos liegen sie da, und mir ist es, als hätte das Herz der Welt ausgesetzt. Erst wenn man selber den Atem anhält kehren sie aus dem Tod wieder zurück ins Leben und nimmt die Zeit ihren Lauf (AW 310). Die szenische Verwandtschaft zur oben besprochenen Uhr mit dem Richtschwertzeiger im Bahnhof Antwerpen ist offensichtlich, und nicht von ungefähr schließt sich auch an dieser Stelle eine Reflexion auf das Wesen der Zeit an. Es ist die Zeit der Kindheit, und die steht, wie sich auch schon an der Teemagd gezeigt hatte, unter dem besonderen Schutz der Uhr und dem Gleichmaß der Tage. Aufstehen kurz vor sechs, dann dies und jenes, um vier Uhr mit Stopf- und Häkelzeug im Schweizerhäuschen etc, um zehn Uhr ist der Zauber zu Ende. An besonderen Tagen Aufstehen schon vor fünf Uhr (AW 315 f). - Die Erzählung endet mit einem Bild der letztendlichen Uhr: Nona, Decuma und Morta, die Töchter der Nacht, mit Spindel und Faden und Schere.
In der Erzählung Ambros Adelwarth vergehen nahezu zwanzig uhrenlose Seiten, bis der Ambros in der Wirtschaft in Gopprecht einem durchreisenden Uhrmacher voller Begeisterung von der Schönheit des Welschlands erzählt (AW 112). Ein besonderer erzählerischer Bedarf an einem Uhrmacher besteht nicht, und er verschwindet auch sofort wieder spurlos von der Bildfläche. Wiederum knapp zwanzig Seiten weiter heißt es vom Onkel Kasimir: Dann holte er seine Kamera hervor und machte diese Aufnahme, von der er mit zwei Jahre später einen Abzug schickte zusammen mit seiner goldenen Taschenuhr (AW 129f). Wider erscheint das Uhrenmotiv unmotiviert, diesmal ist es aber eine betonte Unmotiviertheit, die sich von der Motiviertheit des Photos deutlich abhebt, eine Unmotiviertheit sozusagen, die zu denken gibt, und bei der der Autor sich ganz offensichtlich etwas gedacht hat. Zwischendurch hatte es auf Seite 119 eine, nach Art der im Bahnhof Antwerpen, groß herausgestellte Uhr im Saal des Norddeutschen Lloyds in Bremerhaven gegeben: Über der Tür, durch die wir zuletzt hinaus mußten, war eine große runde Uhr angebracht mit römischen Ziffern, und über der Uhr stand mit verzierten Buchstaben geschrieben der Spruch Mein Feld ist die Welt.
Damit verabschiedet sich das Uhrenmotiv aus der Erzählung, die sich ihrerseits zu ihrem Ende hin in den Orient und gänzlich aus der Zeit begibt. Als wäre das Rad noch nicht erfunden. Oder sind wir nicht mehr in der Zeit? (AW 196) Jenseits des Tales Josaphat, wo am Ende der Zeit das ganze Menschengeschlecht leibhaftig zusammenkommen soll (AW 208).
In der Erzählung Paul Bereyter stoßen wir zunächst auf die riesige Uhr vor dem Bahnhofsgebäude (AW 45), das Uhrenthema ist mit dem in dieser Erzählung großen Thema der Eisenbahn verschmolzen. In einem nächsten Schritt wird Paul Bereyter selbst in den Themenkomplex einbezogen: Er redete mit einem leichten Sprach- oder Klangfehler, irgendwie nicht mit dem Kehlkopf, sondern aus der Herzgegend heraus, weshalb es einem manchmal vorkam, als werde er in seinem Inwendigen von einem Uhrwerk angetrieben und der ganze Paul sei ein künstlicher, aus Blech- und anderen Metallteilen zusammengesetzter Mensch, den die geringste Funktionsstörung aus der Bahn werfen konnte (AW 52). Man kann wie Austerlitz - der im übrigen mit Bereyter ausdrücklich verwoben wird, indem Selysses ihn als seinen ersten Lehrer überhaupt bezeichnet, dem er seit seiner Volkschulzeit, also seit der Bereyterzeit, habe zuhören können (AUS 52) - man kann wie Austerlitz Uhren ablehnen, die eigene Körperuhr aber nur dadurch abstellen, daß man sie abstellt. Die Ausgewanderten ist eine Sammlung von vier Selbstmordgeschichten, vom vierfachen Abstellen der Uhr. Ambros Adelwarth hat nur eine indirekte Form des Selbstmords gewählt, und Max Aurach ist erst entschlossen, seinem Zustand möglichst bald zu entkommen auf die eine oder andere Weise (AW 346).
In der Erzählung Ritorno in Patria geht der Jäger Hans Schlag aus dem Leben, man weiß nicht, ob durch Unfall, Selbstmord, Mord oder auf eine andere, übernatürliche Art. Das Uhrenmotiv wird eingeführt mit einer weiteren Szene aus der Familiengruppe Richtschwertuhr Antwerpen & Hirschkäfer. Unter dem Bild, auf dem der Selbstmord eines Liebespaars dargestellt war, stand der für die kommende Woche gedachte Kuchen, der Regulator tickte, und immer eh er zu schlagen anfing, ächzte er lange auf, als brächte er es nicht über sich, den Verlust einer weiteren Viertelstunde anzuzeigen (SG 238). Beim Uhrmacher Ebentheuer , bei dem der Großvater die Sackuhr in Reparatur gegeben hatte, wird vorgegriffen, sozusagen im dörflichen Format, auf die Szene im königlichen Observatorium Greenwich. In dem kleinen Uhrenladen tickten eine Unzahl von Standuhren, Regulatoren, Wohnzimmer- und Küchenuhren, Weckern, Taschen- und Armbanduhren durcheinander, ganz so als könne ein Uhrwerk allein nicht genug Zeit zerstören (SG 255). Und dann schon die Uhr des Jägers Schlag: Bis tief in die Nacht saß er bei seinem Glas, ohne mit jemandem ein Wort zu wechseln. Meist war sein Blick gesenkt auf die auffallend kostbare goldene Taschenuhr, die er vor sich liegen hatte, als dürfe er irgend einen wichtigen Termin nicht versäumen (SG 259). Dann, als der den Tod feststellende Arzt behutsam die Rossdecke über den leblosen Körper zieht, spielte zugleich, ausgelöst durch eine weiß Gott was für eine winzige Bewegung, die Repetieruhr in der Westentasche oder im Hosensack ein paar Takte des Lieds „Üb immer Treu und Redlichkeit“ (SG 271). Hat der Jäger Schlag, der ja zugleich Kafkas dem Tod auf einer Barke hinterherfahrende Jäger Gracchus ist, allen Anschein zum Trotz sein Sterben ein weiteres Mal verfehlt?
In der Geschwistererzählung All'estero gelangt das Uhrenthema nicht in den Bereich semantisch aktiver Motivmoleküle. Der prominenteste Auftritt ist die riesige Rolexuhr am rechten Handgelenk des Brigadiere Dalmazio Orgiu (SG 116). Das geht aber über die Leistung der Personencharakterisierung nicht hinaus.
Die Abneigung des Titelhelden gegenüber Uhren hat die späteren Teile des Austerlitzbuches von Uhren weitgehend freigefegt. Die gegen die Uhr gerichtete Philippika wird aber nur wenige Seiten später in einer eindrücklichen Antiuhrenszene noch einmal aufgenommen und übertrumpft. Im Billardzimmer des Landsitzes Iver Grove war seit dem Tode Ashmans am Sylvesterabend von 1813 auf 1814 von niemandem mehr ein Queue zur Hand genommen worden. So abgesondert sei dieser Raum von dem Rest des Hauses offenbar stets gewesen, daß sich im Verlaufe von eineinhalb Jahrhunderten kaum eine hauchdünne Staubschicht habe ablagern können. Es war, als sei hier die Zeit, die sonst doch unwiderruflich verrinnt, stehengeblieben. Als man die Paravents, vor die man große Kleiderschränke geschoben hatte, im Herbst 1951 oder 1952 entfernte, sei es ihm gewesen, als öffne sich vor ihm der Abgrund der Zeit. Eine stumme Wut sei in ihm aufgestiegen, und ehe er auch nur wußte, was er tat, habe er draußen auf dem hinteren Hof gestanden und mehrmals mit seiner Flinte auf das Uhrentürmchen der Remise geschossen, an dessen Zifferblatt man die Einschläge heute noch sehen könne (AUS 157ff).
Auch müssen wir noch einmal zurückkehren zum Anfang, um eine schöne Brücke des Uhrenthemas zu dem der Empfangsdamen nicht zu versäumen. In dem Buffetraum waren wir allein mit einem einsamen Fernet-Trinker und mit einer Buffetdame, die mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem Barhocker hinter dem Ausschank thronte und sich mit vollkommener Hingebung und Konzentration die Fingernägel feilte. Von dieser Dame, deren wasserstoffblondes Haar zu einem vogelnestartigen Gebilde aufgetürmt war, behauptete Austerlitz beiläufig, es sei die Göttin der vergangenen Zeit. Tatsächlich befand sich an der Wand hinter ihr als Hauptstück des Buffetsaals eine mächtige Uhr (AUS 16). Wir gehen aber gar nicht über die Brücke und versuchen auch nicht den möglichen Tiefsinn der beiläufigen Bemerkung auszuloten, sondern richten das Augenmerk aber auf den sonst schnell vergessenen einsamen Fernet-Trinker, der uns zu seinem Gefährten, dem einsamen Pastis-Trinker auf Korsika führt.
Von den Konkurrenzkünsten findet die Malerei in Sebalds Werk deutlich mehr Beachtung als die Musik, umso froher sind wir über die nachgelassenen Moments Musicaux, Die mit einem der eindrucksvollsten und schönsten Uhrenszenen überhaupt beginnen: Eine Stunde später, als ich gerade beim Ausbrechen des Unwetters Evisa erreichte und dort im Café des Sports Zuflucht gefunden hatte, schaute ich lange durch die offene Tür hinaus auf den schräg in die Gasse rauschenden Regen. Der einzige Gast außer mir war ein greiser, mit einem wollenen Kittel und einem ausgedienten Armeeanorak bereits für die Wintermonate gerüsteter Mann. Seine vom Star getrübten Augen, die er gleich einem Blinden etwas aufrecht gegen die Helligkeit gerichtet hielt, waren von derselben eisgrauen Farbe wie der Pastis in seinem Glas. Er blickte nur immer unverwandt nach oben und drehte dabei gleichmäßig mit dem Daumen und dem Zeigefinger seiner rechten Hand den sechskantigen Stiel seines Glases Ruck für Ruck weiter, so gleichmäßig, als habe er in seiner Brust statt eines Herzens das Räderwerk einer Uhr (CS 223).
Das endlose Ticken der Uhr, der nackte Taktschlag des Todes am Eingang der der Musik gewidmeten Erzählung: Geht es in der Musik, geht es in der Kunst überhaupt und geht es im Werk Sebalds zumal darum, das unaufhaltsame Vorrücken des Zeigers zu umspielen und für einen Augenblick vergessen zu machen?
Auf ein Zeitzählwerk aus dem Austerlitzbuch ist noch einzugehen. Mal für Mal lasse ich das Band zurücklaufen und sehe den Zeitanzeiger in der oberen linken Ecke des Bildschirms, die Zahlen, die einen Teil ihrer Stirn verdecken, die Minuten und die Sekunden, von 10:53 bis 10:57, und die Hundertstelsekunden, die sich davondrehen, so geschwind, daß man sie nicht entziffern und festhalten kann (AUS 359). In diesen gedehnten vier Sekunden glaubt Austerlitz, der sich eine Zeitlupenkopie von dem Theresienstadtfilm hat herstellen lassen, in dem Gesicht einer jüngeren Frau, etwas zurückgesetzt und mehr gegen den oberen Rand, fast ununterschieden von dem schwarzen Schatten, der sie umgibt (AUS 358), ein mögliches Abbild seiner Mutter Agatha zu erkennen. Ein nichts an Zeit und ein unzuverlässiger Schemen aus der Vergangenheit – mehr wert als das Leben.
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