Farben der Zukunft
Morden hat den Eindruck, seine Gegenwart entspreche eigentlich recht genau der Zukunft, die er sich als Kind vorgestellt und gewünscht hatte: A man of leisurely interests and scant ambition sitting in a room just like this one, in my sea-captain's chair, leaning at my little table, in just this season, the year declining towards its end in clement weather. Yes, this is what I thought adulthood would be, a kind of long indian summer. Weiteres Nachdenken führt zu der Erkenntnis, die erwartete Zukunft habe gar nicht die Farbe einer wie auch immer gearteten Zukunft gehabt, sondern die der Vergangenheit, a genteelly outmoded atmosphere pervaded my dream of what was to come. So what I foresaw for the future was in fact, if fact comes into it, a picture of what could only be an imagined past. Das überrascht, obwohl nichts Überraschendes daran ist. Wie soll sich ein Kind die Zukunft anders ausmalen als mit den Farben, die es bereits kennt. Seit Jahrhunderten aber sind wir dressiert, die Vergangenheit im Archiv der Museen und der Geschichtskunde zu verstauen, und den Blick nach vorn in eine gleißend helle Zukunft zu richten, von der herrliche und ganz und gar ungeahnte Dinge zu erwarten seien.
In den fünfziger Jahren gab es Nachhilfe bei den Zukunftsvisionen, die auf eine Neugestaltung des Straßenverkehrs zielten. In Magazinen konnte man Entwürfe sehen von mit einem Atomreaktor und einer vollautomatischen Steuerung ausgestatteten Limousinen, die von aller Verantwortung entlasteten Passagiere vertrieben sich die auf zwei Stunden geschrumpfte Fahrzeit von Hamburg nach München mit Karten- und Würfelspielen. Manchem Betrachter im Kindesalter wurde es weh ums Herz, ersehnte er doch nichts mehr, als sich bald, wie der Vater oder der Onkel, als genialer Lenker auf engen und kurvigen Straßen am Steuer eines Wagens zu beweisen, nun fühlte er sich beraubt, ein Opfer des Fortschritts. Auch Morden hält nichts von automatischer Steuerung, I entertained a precise image of myself as a grown-up in the back seat of my chauffeured Humber Hawk, say, in three-piece pinstriped suit and with a blanket over my knees.
A man of leisurely interests sitting in a room, in a sea-captain's chair, leaning at a little table, man könnte Selysses ähnliche Zukunftsträume zutrauen, und tatsächlich entwirft er ein ganz ähnliches Gegenwartsbild: Wenn ich in der Gegend bin, ist der Sailors’ Reading Room bei weitem mein liebster Ort. Besser als sonst irgendwo kann man hier lesen, Briefen Schreiben, seinen Gedanken nachhängen oder, während der langen Winterszeit, einfach hinausschauen auf die stürmische, über die Promenade hineinbrechende See. A kind of long indian summer: Wie es wohl wäre, wenn ich in einer dieser steinernen Burgen wohnte, bis an mein Lebensende mit nichts anderem beschäftigt als dem Studium der vergangenen und der vergehenden Zeit.
An der automobilen Komponente ist ihm offenbar weniger gelegen, nur ein Bild aus der Kindheit steht ihm deutlich vor Augen. Am unteren Ende der Gasse tauchte ein Fahrzeug auf, wie er zuvor noch nie eins gesehen hatte. Es war eine allseits weit ausladende lila Limousine mit einem hellgrünen Dach. Unendlich langsam und völlig geräuschlos glitt sie heran, und drinnen an dem elfenbeinfarbenen Lenkrad saß ein Neger, der ihm, als er vorbeifuhr, lachend seine gleichfalls elfenbeinfarbenen Zähne zeigte. - Zweifellos ist er von dem Gefährt, weit mehr aber noch von dem Insassen beeindruckt. Insgesamt werden wir so gut wie gar nicht in seine Kindheits- und Zukunftsträume eingewiesen - generell gibt er ja so wenig wie möglich von sich preis -, mit einer Ausnahme. Während der Genesung von einer schlimmen Krankheit wurde er, um im Lernen nicht den Anschluß zu verlieren, für zwei Stunden täglich bei dem Lehrerfräulein Rauch in Obhut gegeben. Bei schlechtem Wetter saß er neben der sanftmütigen Lehramtskandidatin auf der Ofenbank, bei schönem Wetterdraußen in dem drehbaren Gartenhaus, und bald schon war ihm, als wüchse er mit großer Geschwindigkeit und als sei es darum durchaus möglich, daß er im Sommer bereits mit seiner Lehrerin vor den Traualtar würde treten können. - Vermittels eines schwindelhaften Taschenspielertricks versucht er in die Zukunft zu springen, nur um sie für immer in eine dauerhafte Gegenwart zurückzuziehen. Das konnte kaum gelingen, und wir haben den Nachweis, daß es nicht gelungen ist. In Dr. Henry Selwyn, der ersten und kürzesten der vier langen Erzählungen, finden wir Selysses vermählt mit einem Wesen namens Clara, bei dem es sich, wie aus vielen Einzelheiten zu erkennen, nicht um das Fräulein Rauch handelt.
In den fünfziger Jahren gab es Nachhilfe bei den Zukunftsvisionen, die auf eine Neugestaltung des Straßenverkehrs zielten. In Magazinen konnte man Entwürfe sehen von mit einem Atomreaktor und einer vollautomatischen Steuerung ausgestatteten Limousinen, die von aller Verantwortung entlasteten Passagiere vertrieben sich die auf zwei Stunden geschrumpfte Fahrzeit von Hamburg nach München mit Karten- und Würfelspielen. Manchem Betrachter im Kindesalter wurde es weh ums Herz, ersehnte er doch nichts mehr, als sich bald, wie der Vater oder der Onkel, als genialer Lenker auf engen und kurvigen Straßen am Steuer eines Wagens zu beweisen, nun fühlte er sich beraubt, ein Opfer des Fortschritts. Auch Morden hält nichts von automatischer Steuerung, I entertained a precise image of myself as a grown-up in the back seat of my chauffeured Humber Hawk, say, in three-piece pinstriped suit and with a blanket over my knees.
A man of leisurely interests sitting in a room, in a sea-captain's chair, leaning at a little table, man könnte Selysses ähnliche Zukunftsträume zutrauen, und tatsächlich entwirft er ein ganz ähnliches Gegenwartsbild: Wenn ich in der Gegend bin, ist der Sailors’ Reading Room bei weitem mein liebster Ort. Besser als sonst irgendwo kann man hier lesen, Briefen Schreiben, seinen Gedanken nachhängen oder, während der langen Winterszeit, einfach hinausschauen auf die stürmische, über die Promenade hineinbrechende See. A kind of long indian summer: Wie es wohl wäre, wenn ich in einer dieser steinernen Burgen wohnte, bis an mein Lebensende mit nichts anderem beschäftigt als dem Studium der vergangenen und der vergehenden Zeit.
An der automobilen Komponente ist ihm offenbar weniger gelegen, nur ein Bild aus der Kindheit steht ihm deutlich vor Augen. Am unteren Ende der Gasse tauchte ein Fahrzeug auf, wie er zuvor noch nie eins gesehen hatte. Es war eine allseits weit ausladende lila Limousine mit einem hellgrünen Dach. Unendlich langsam und völlig geräuschlos glitt sie heran, und drinnen an dem elfenbeinfarbenen Lenkrad saß ein Neger, der ihm, als er vorbeifuhr, lachend seine gleichfalls elfenbeinfarbenen Zähne zeigte. - Zweifellos ist er von dem Gefährt, weit mehr aber noch von dem Insassen beeindruckt. Insgesamt werden wir so gut wie gar nicht in seine Kindheits- und Zukunftsträume eingewiesen - generell gibt er ja so wenig wie möglich von sich preis -, mit einer Ausnahme. Während der Genesung von einer schlimmen Krankheit wurde er, um im Lernen nicht den Anschluß zu verlieren, für zwei Stunden täglich bei dem Lehrerfräulein Rauch in Obhut gegeben. Bei schlechtem Wetter saß er neben der sanftmütigen Lehramtskandidatin auf der Ofenbank, bei schönem Wetterdraußen in dem drehbaren Gartenhaus, und bald schon war ihm, als wüchse er mit großer Geschwindigkeit und als sei es darum durchaus möglich, daß er im Sommer bereits mit seiner Lehrerin vor den Traualtar würde treten können. - Vermittels eines schwindelhaften Taschenspielertricks versucht er in die Zukunft zu springen, nur um sie für immer in eine dauerhafte Gegenwart zurückzuziehen. Das konnte kaum gelingen, und wir haben den Nachweis, daß es nicht gelungen ist. In Dr. Henry Selwyn, der ersten und kürzesten der vier langen Erzählungen, finden wir Selysses vermählt mit einem Wesen namens Clara, bei dem es sich, wie aus vielen Einzelheiten zu erkennen, nicht um das Fräulein Rauch handelt.
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