K. und K., Samsa und Gracchus
Der Schriftsteller
hat Kafka im Auge, er nimmt an, daß Kafka gleich etwas scheiben wird, er
schreibt aber nicht. Sonst ständig an seinen Erzählungen schreibend, schreibt
er hier gar nicht. Er hat zu dieser Zeit den Rang eines Vicesekretärs. Er ist
unterwegs, um an einem Kongreß teilzunehmen, Freude hat er nicht daran, er
fühlt sich nicht wohl in dem Hotel, in dem man ihn untergebracht hat. Der
Kongreß ist beendet, er fährt weiter nach Venedig und dann nach Desenzano, eine
Wasserheilanstalt soll seine Gesundheit verbessern. Nebenbei hat er viel Zeit,
er hätte zum Beispiel den Prozeß oder Das Schloß oder auch die Wandlung,
Schriften mit romanartigem Umfang, vollenden können, jeder weiß, daß die drei
Erzählungen nicht vollends abgeschlossen wurden. Der Prozeß, das
Schloß und die Wandlung
zählen gleichwohl zu Kafkas
herausragenden Erzählungen. Die drei Bücher werden immer schmaler, das
Schloß gut dreieinhalbhundert Seiten, der Prozeß zweihundert
und die Wandlung achtzig Seiten. Josef
K. wird verhaftet, ohne daß er etwas Böses getan hätte, letztlich wird er nach
einem Prozeß zum Tode verurteilt und muß sterben wie ein Hund. Gregor Samsa
verwandelt sich eines Tages in seinem Bett ein ungeheures, panzerartiges Ungeziefer, dessen Überlebenszeit beschränkt ist. K. überlebt, erreicht sein Ziel, nicht aber die
Aufnahme, in das Schloß, die Erwartung als Landvermesser zu
arbeiten erfüllt sich nicht. Der Schriftsteller wendet sich schließlich dem Jäger Gracchus zu, er wurde bislang nur selten gesehen. Auch noch nach mehr als tausend Jahren nach einem Unfalltod vermag er nicht zu sterben. Durch eine falsche Drehung
bei der Einfahrt zum Totenreich hat er sein friedliches Ende verpaßt, rastlos
ist er als lebender Toter unterwegs. Jetzt, in Riva, scheint endlich die Totenfahrt möglich, der Jäger Gracchus ist mehr als erleichtert.
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