Ganz und gar dunkel
In einer dieser steinernen Burgen wohnen, mit nichts beschäftigt als dem Studium der vergangenen und der vergehenden Zeit. Der Zauber der Vorstellung besteht darin, daß der Erzähler als neutraler Betrachter sich ausgenommen fühlt vom Vergehen der Zeit, wie seinerzeit Ulysses auf Aeaea vernimmt Selysses auf Korsika das Angebot einer Aufnahme in den Kreis der Unsterblichen, und wie Odysseus schlägt er es aus und geht ins Museum anstatt in die steinerne Burg. Aus dem Museum wieder hervor tritt er als Stachuras Narrator in Płynięcie czasu, Fluß der Zeit. Das ist nicht der im Innenraum der Zeit ruhende, sie beobachtende, selbst nicht betroffene Unsterbliche, sondern der das Vergehen in sich tragende sterbliche Mensch. Immer wieder heißt es myślałem o płynięciu czasu, ich dachte nach über das Dahinfließen der Zeit. Ein Mensch schwimmt nicht nur mit im Strom der Zeit, mit Hilfe der Erinnerung kann er zurücksteigen im Flußbett, mit seinen Erwartungen kann er vorauseilen aber nicht bis zur Mündung. Er ist jetzt zweiundzwanzig Jahre alt, wenn er vorausdenkt bis zum dreißigsten Lebensjahr wird es trüber und trüber und schließlich ist da nur noch ein undurchdringlicher schwarzer Dunst, tylko czarne, powietrze nie przebyte. Er denkt zurück bis zu seinem elften, seinem vierten Lebensjahr, er denkt fünfundzwanzig Jahre zurück, da war er noch nicht im Strom der Zeit, genausowenig wie vor tausend Jahren. Unvorstellbar, niederschmetternd, aber vielleicht hat schon immer jemand von ihm geträumt. Das ist ein tröstlicher Gedanke, und welch großes Glück ist es, daß man sich nicht wirklich Rechenschaft geben kann über den Verlauf der Zeit.
Nun ist es nicht so, daß er den ganzen Tag nur dasäße und nachdächte über das Vergehen der Zeit, der Tag und das Leben nehmen ihren gewohnten Gang mit den gewohnten Etappen. Erwachen in dem als Behelfsunterkunft dienenden abgestellten Eisenbahnwaggon, Körperpflege wie eben möglich unter diesen Umständen, Fahrt zur Arbeitsstelle im völlig überfüllten Bus, ein Martyrium, tätig als Bauhilfsarbeiter, sich behaupten gegenüber den anderen, um nicht als Dämlack und Opfer, potyrcze, dazustehen, Rückkehr zum Eisenbahnwaggon, zahllose Sekunden und Minuten sind unterdessen lautlos, bez plusku, verflossen, ein ganzer Tag ist spurlos dahingegangen, nun ist es schon ganz und gar dunkel, ciemno jest już zupełnie, wie am Ende der Zeit. Fiant tenebrae.
In einer dieser steinernen Burgen wohnen, mit nichts beschäftigt als dem Studium der vergangenen und der vergehenden Zeit. Der Zauber der Vorstellung besteht darin, daß der Erzähler als neutraler Betrachter sich ausgenommen fühlt vom Vergehen der Zeit, wie seinerzeit Ulysses auf Aeaea vernimmt Selysses auf Korsika das Angebot einer Aufnahme in den Kreis der Unsterblichen, und wie Odysseus schlägt er es aus und geht ins Museum anstatt in die steinerne Burg. Aus dem Museum wieder hervor tritt er als Stachuras Narrator in Płynięcie czasu, Fluß der Zeit. Das ist nicht der im Innenraum der Zeit ruhende, sie beobachtende, selbst nicht betroffene Unsterbliche, sondern der das Vergehen in sich tragende sterbliche Mensch. Immer wieder heißt es myślałem o płynięciu czasu, ich dachte nach über das Dahinfließen der Zeit. Ein Mensch schwimmt nicht nur mit im Strom der Zeit, mit Hilfe der Erinnerung kann er zurücksteigen im Flußbett, mit seinen Erwartungen kann er vorauseilen aber nicht bis zur Mündung. Er ist jetzt zweiundzwanzig Jahre alt, wenn er vorausdenkt bis zum dreißigsten Lebensjahr wird es trüber und trüber und schließlich ist da nur noch ein undurchdringlicher schwarzer Dunst, tylko czarne, powietrze nie przebyte. Er denkt zurück bis zu seinem elften, seinem vierten Lebensjahr, er denkt fünfundzwanzig Jahre zurück, da war er noch nicht im Strom der Zeit, genausowenig wie vor tausend Jahren. Unvorstellbar, niederschmetternd, aber vielleicht hat schon immer jemand von ihm geträumt. Das ist ein tröstlicher Gedanke, und welch großes Glück ist es, daß man sich nicht wirklich Rechenschaft geben kann über den Verlauf der Zeit.
Nun ist es nicht so, daß er den ganzen Tag nur dasäße und nachdächte über das Vergehen der Zeit, der Tag und das Leben nehmen ihren gewohnten Gang mit den gewohnten Etappen. Erwachen in dem als Behelfsunterkunft dienenden abgestellten Eisenbahnwaggon, Körperpflege wie eben möglich unter diesen Umständen, Fahrt zur Arbeitsstelle im völlig überfüllten Bus, ein Martyrium, tätig als Bauhilfsarbeiter, sich behaupten gegenüber den anderen, um nicht als Dämlack und Opfer, potyrcze, dazustehen, Rückkehr zum Eisenbahnwaggon, zahllose Sekunden und Minuten sind unterdessen lautlos, bez plusku, verflossen, ein ganzer Tag ist spurlos dahingegangen, nun ist es schon ganz und gar dunkel, ciemno jest już zupełnie, wie am Ende der Zeit. Fiant tenebrae.
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