Sonntag, 16. September 2018

Nachsicht

Nur sehr wenig

Als die Bedienerin in den Tiroler Stuben ihm auf die seines Erachtens gar nicht unfreundliche Bemerkung hin auf die bösartigste Weise, die man sich denken kann, das Maul anhängt, scheint er einigermaßen nachsichtig darüber hinwegzugehen. Gut denkbar aber, daß er seinen Groll später im Bus an den Tiroler Weibern ausgelassen hat. In gewissen Abständen standen sie unter ihren schwarzen Regendächern an den Haltestellen. Es kam auf diese Weise im Bus bald eine ganze Zahl solcher Tiroler Weiber zusammen. Sie unterhielten sich in einem hinten im Hals wie eine Vogelsprache artikulierten Dialekt, so als seien es keine Menschen. Ist sein Ohr verantwortlich für diese Wahrnehmung oder aber der nachhallende Groll? Vielleicht, wenn auch er zuvor den junge Mann gesehen hätte, wie er auf dem Boden saß, die Schultern an die Tischbeine gelehnt, die Knie bis zum Kinn hochgezogen. Mit den Händen hielt er die Knie umfaßt. Er saß unbeweglich da in dieser melancholischen Grundhaltung, und schaute, und hörte, und ein Schauder hätte ihn, den Betrachter, überlaufen, denn es war als würde der junge Mann urteilen über die Welt. Mit aller Strenge. Ohne Nachsicht (bez pobłażliwości). Und das war schrecklich. Denn ohne Nachsicht würde von all dem hier wenig bleiben. Von dem, das ich kenne, hätte er sich sagen müssen, nur wenig. Nur wenig und nur Wenige. Von allem, was ihm bekannt ist, nur sehr, sehr wenig.

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