Donnerstag, 6. September 2018

Liebesgeschichten

Metaphysische Ausnahmen

Liebesgeschichten, läßt Douglas, der leidenschaftliche Flieger, wissen, kämen ihm, bis auf wenige, beinahe metaphysische Ausnahmen, grundsätzlich absurd vor. In der zeitgenössischen Literatur, die in der Geschlechterbegegnung zu Lasten der Metaphysik das Handfeste sucht und bevorzugt, findet er für seine Einstellung wenig Widerhall, andererseits muß er aber auch nicht zurückgehen bis zu Tristan und Isolde oder gar zu Salomos Hohem Lied.

Stachuras Erzähler, Szerucki, der gern schon am Vormittag einige Gläschen, parę kieliszków, leert, ist gleichzeitig nichts so zuwider, als wenn er dabei im Wirtshaus die Frauengespräche wahrer Männer  mithören muß. Er selbst hat während seiner Arbeit als Saisonarbeiter, beim Holzfällen oder beim Beckenreinigen, nur ein daheimgebliebenes Mädchen im Sinn, dessen Bild er immer wieder unter dem Namen Gałązka Jabłoni, Apfelbaumzweiglein, in ekstatischer Weise beschwört. Alle Wünsche nach metaphysischer Untermalung des Liebesverhältnisses sind erfüllt, bis hin zum Zweifel, ob es das Mädchen überhaupt gibt und nicht vielmehr reine Metaphysik waltet.*

Der Held des Romans Tschewengur, Kopenkin, hat drei Idole, zum einen sein Pferd, das auf den Namen Пролетарская сила (Proletarische Kraft) hört und dann die Revolution. Mit weitem Vorsprung den ersten Platz aber belegt die bereits tote Rosa Luxemburg. Irgendwann, davon ist er überzeugt, werden seine Irrwege ihn zu ihrem Grab führen. Ein metaphysisches Arrangement, wie man es sich reiner nicht wünschen kann.

* Tatsächlich feiert Stachura seine Ehefrau Zita. Das wiederholt auftretende Abrakadabra: Zawsze i teraz absolutnie służy tobie emanuel delawarski führt zu dem Akromym: Zita Sted.



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