Ritorno
Stachura ist
eher als Rückgewanderter denn als Ausgewanderter einzustufen. Als Kind
polnischer Gastarbeiter in Frankreich geboren und aufgewachsen hat er auch die
ersten Schuljahre noch dort verbracht, um dann vor Ausbruch des Weltkriegs mit
den Eltern und Geschwistern nach Polen zurückzukehren. In seinen Erzählungen
wird die Kindheit in Frankreich oft mit einem gewissen Stolz erwähnt, sie wird aber
nicht geschildert oder beschrieben, weder die Menschen noch das Land noch er
selbst unter Franzosen. Polen ist für den Erzähler der einzige Erzähl- und Standort, wobei
Standort kaum die geeignet Vokabel ist angesichts seiner fortwährenden ruhelosen Wanderungen und Fahrten durch die Rzeczpospolita. Auch die für einen Bürger der
Volksrepublik ungewöhnlich vielen Auslandsreisen nach Osten, Westen, Süden und
Norden haben kaum erkennbare literarische Spuren hinterlassen, erst in dem
bereits von den einsetzenden und zum Tode führenden psychischen Plagen
geprägten Erzählband Się kann man ein wenig von Mexiko betrachten. Einige
seiner Arbeiten hat er selbst ins Spanische übersetzt. In der Erzählung Nie
zlęknę się verwirft und stellt er sich gegen den verbreiteten Mythos der wunderbaren
Kindheit, nicht nur seiner eigenen. In Czysty opis erlaubt er sich eine
zweite Geburt, um die erste Geburt und die Jahre der Kindheit zu vergessen. Er
steht damit in einem krassen Widerspruch etwa zu Cioran, der seine Kindheit
über alles gepriesen hat, mehr als irgendwer sonst die seine, und dann keinen
Anlaß mehr fand, noch irgendetwas obendrein zu preisen im Leben der Menschen, sofern
sie über den Status eines Hirtenvolks hinausgewachsen sind. Auch der Dichter
betreibt in Ritorno in Patria eine Art Rückwanderung gegenläufig zur ursprünglichen
Auswanderung, allerdings nur für eine sehr begrenzte Zeit. Erzählt werden die Erinnerungen
eines Erwachsenen, spärlich ist, was wir über den Dichter as a child and
a young man erfahren. In seiner Einschätzung
sowohl der Kindheit als auch des Erwachsenenlebens steht er Cioran wohl näher,
als man auf Anhieb denken mag, auch wenn die Worte naturgemäß gedämpft und weniger
kraß sind.
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