Montag, 4. August 2025

Die Schwester

Mendelson Bartholdy 

 

Schon seit Jahren, seit zehn Jahren und noch länger, hatte er eine Arbeit Mendelson Bartholdy betreffend vorbereitet, es ist nicht gelungen, seine Schwester hatte es immer wieder verhindert. Ein weiteres Mal hat er sich niedergesetzt an seinem Schreibtisch, um seine Schrift Mendelssohn Bartholdy betreffend anzufassen und fertig zu stellen, ein weiteres Mal verhindert es seine Schwester. Sie betritt das Zimmer, das sein Zimmer ist, er kann es aber nicht verhindert, die Schwester, die verfluchte wie er denkt, geht davon aus, daß sie jederzeit das Zimmer betreten kann, wieder muß er den Schreibstift niederlegen, wieder verzögert sich die geplante Niederschrift Mendelson Bartholdy betreffend auf eine unbestimmte, sicher aber lange Zeit. Seine Schwester wolle ihn vernichten, so denkt er. Sie vernichtet ihn, er muß allerdings eingestehen, daß sie ihn nicht vernichten will, daß sie ihm vielmehr helfen will, nicht Mendelson Bartholdy betreffend, aber ohne seine Schwester konnte er ein Leben nicht leben. Mein kleiner Bruder sagt die Schwester immer zärtlich, sehr zärtlich, so ist sie auch, sie hilft ihm, wo sie nur helfen kann. Die Arbeit Mendelson Bartholdy betreffend wäre ihm, Schwester hin, Schwester her, niemals gelungen. Er verläßt sein Zimmer und sein Haus, um in einem anderen Land, zum Beispiel in Mallorca, zu wohnen und zu schreiben, in einem anderen Land, aber nie wieder über Mendelson Bartholdy zu schreiben, über den er ohnehin nie geschrieben hat. In keinem dieser Länder, die er besucht, hält er es für längere Zeit auf, die Schwester hat ihn immer im Auge, auch wenn sie ihn nicht sieht. Sein Name ist Rudolf, ihren Namen kennt man nicht.

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