und der Tod
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Das Kind lebt, ohne daß es auch nur eine Stunde zuvor schon gelebt hätte, das Kind konnte nach seiner Geburt noch nichts wahrnehmen, es konnte noch nicht lachen, dann aber ein wenig weinen und dann auch lachen, es wußte nicht, warum es lebte, und daß so viele andere nie leben würden. Es wußte nicht, wo es herkam und wo es sein wird. Es wächst heran und freut sich zu leben, vom Tod weiß es noch nichts. Nach einem Jahr war es schon ganz anders als zuvor, es kannte inzwischen längst die Mutter und den Vater und freute sich, daß sie da waren, warum es eine Mutter und einen Vater gab, wußte es zunächst noch nicht. Es wuchs heran, alles wurde ihm alles klarer, es wunderte sich, daß es angeblich nicht schon immer so war, langsam, später, glaubte sie, sie war ja ein Mädchen, dann auch, daß sie vermutlich nicht immer sein wird, sie würde aber lange leben, also so gut wie immer, die Zukunft war ohne Ende, warum über all dies nachdenken. Sie konnte längst sprechen und dann auch schon schreiben. Langsam dämmerte es ihr, daß die Zeit dahingeht und das Dasein irgendwann, in der Ferne, ein Ende haben wird, weit weit in der Ferne. Sie spielte mit den anderen Mädchen und warf auch einen ersten Blick auf die Jungen, sie kamen ihr näher, und einer dann auch ganz nah, die Eltern rückten ein wenig fern, blieben aber auch nah. Sie hatte auch vom Tod gehört, das Leben wurde deswegen aber nicht verkürzt, der Tod war noch weit entfernt. Das ehemalige Kind hatte jetzt selbst ein Kind und dann noch ein zweites. Die Kinder wuchsen heran, sie, das ehemalige Kind, dachte nur noch an die Kinder und so ging es weiter mit dem Leben. Dann und wann dachte sie an den Tod, weitaus mehr aber an die Kinder, die aber schon keine Kinder mehr waren. Unerwartet starb der Mann, ein ewiges Leben war nicht zu erwarten gewesen, ihr eigenes Leben war ihr nicht mehr so wichtig wie zuvor, den Tod fürchtete sie kaum, und dann starb sie.
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