Samstag, 4. Februar 2012

Kommentar Zwei

Eine lebens- und liebeserfahrene Frau blickt nachdenklich zurück. Was ihre Liebeserfahrung anbelangt, so schätzt sie sie gering ein, aus der ziemlichen Anzahl von Männern, die sie gekannt und näher gekannt hat, war ihr, wie sie dem jüngeren Gesprächspartner erläutert – aber woher wissen wir eigentlich, daß er jünger ist? – wie auch immer: einer nur war ihr wichtig, der arme Franz, le pauvre François, wie sie, möglicherweise eine Französin, Schweizerin oder auch Belgierin, ihn nennt, ein von seiner inneren Einsamkeit nahezu zerfressener Mensch. Gerade wer so einsam ist, braucht jemand zweites, der Lebensüberdruß ist allenfalls erträglich, wenn er an den eines anderen stößt, und Hilfe naht von der furchtbare Separation der Geschlechter. Sie versetzt sich auf die Seite männlichen Erlebens und ersinnt eine Frau, die, getreu der Vorstellung weiblichen Verhaltens, zum Ausruf Ekelhaftes Leben mit dem Fuß aufstampft. Das führt zu einer gewissen Aufrichtung des Mannes, der im gleichen Augenblick Gleiches denkt. Offenbar berichtet sie aus ihrem Zusammenleben avec le pauvre François, auch wenn es ohne Fußaufstampfen abgegangen ist. – Heißt es im Manuskript tatsächlich gerötet, getröstet wäre eher zu erwarten. Vielleicht aber ist an die Morgenröte oder ähnliches gedacht. 
 
Anfang 1908

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