Donnerstag, 29. Dezember 2011

Kommentar Credo

Einiges spricht dafür, daß sich hier ein Textproduzent, womöglich gar ein Dichter zum komplizierten Geschäft des Lesens äußert, zu zwei verschiedenen Formen des Lesens, um genau zu sein. Zunächst sehen wir ihn in einer größeren Bibliothek, vielleicht der alten Nationalbibliothek in der rue Richelieu, bei der Recherche für die nächste Publikation. Der Blick gleitet hinüber zu einem schon älteren Geistesarbeiter, dem die verbleibenden Jahre wohl nicht mehr ausreichen werden, um bei der Arbeit am Lexikon noch zum Ω zu gelangen, und die verzerrten Spiegelbilder in den alten Glasscheiben werden zum Inbild der eigenen Sterblichkeit. Am Abend dann, im heimischen Bücherzimmer, so nehmen wir an, liest er die Bücher der Kollegen und spiegelt in ihnen, wie immer gewellt und gekräuselt, sich selbst und die eigenen Absichten als Autor. Eine Axt sein soll das Buch des Dichters für das gefrorene Meer in uns, daran glaubt er. An anderer Stelle in den bereits veröffentlichten Büchern hatte er erwogen, ob nicht die inwendige Vereisung und Verödung am Ende die Voraussetzung dafür sei, daß man, vermittels einer Art schwindelhafter Schaustellerei die Welt glauben machen kann, das arme Herz stünde noch in Flammen.

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